Eine bemerkenswerte Sitzung des Ausschusses für Generationen und mehr

Gepostet von
Es war die kurze Zeit der „Gemeinschaftsschule“ in Nordrhein-Westfalen“. Nach der Bildung der Minderheitsregierung durch Hannelore Kraft und Silvia Löhrmann war sie als Schulversuch eingeführt worden; während in anderen Bundesländern die Zahl der Schulformen in der Sekundarstufe I sank, in der Regel auf zwei Formen, nämlich das Gymnasium und eine weitere, alle bisherigen Formen zusammenfassende, die dann Gemeinschaftsschule oder Stadtteilschule oder ähnlich genannt wurde, zeichnete sich bei uns ab, dass die Lösung in der Errichtung einer weiteren Schulform liegen werde.
In vielen kleineren Gemeinden, auch in solchen mit CDU-Mehrheit, ergriffen die Verantwortlichen die Gelegenheit, bei rasant sinkenden Schülerzahlen ein Schulsystem der Sekundarstufe I im Ort zu behalten und leiteten Verfahren ein, eine Verbundschule (wie in Heek) oder Gemeinschaftsschule (wie in Ascheberg oder Billerbeck zu errichten). 
Auch in Gescher gab es nun im politischen Raum erste Bestrebungen, die Sekundarstufe I – bestehend aus Realschule und Hauptschule – zukunftsfähig zu machen. In einer Sitzung des „Ausschusses für Generationen, Familie, Bildung, Kultur und Sport“ am 18. November 2010 wurde die Verwaltung beauftragt, im Rahmen der Schulentwicklungsplanung eine umfassende Elternbefragung durchzuführen. – In der Folge entwickelten sich einige Merkwürdigkeiten. 
Aus der Berichterstattung der Gescherer Zeitung vom 20. November 2010:

-wr- Gescher. In blinden Aktionismus will man nicht verfallen. Stattdessen seien Sensibilität und Besonnenheit angesagt. Das versicherten Verwaltung und quer durch die Fraktionen alle Redner im Ausschuss für Generationen, Familie, Bildung, Kultur und Sport, als es am Mittwochabend um ein zentrales Thema ging: Die Schulentwicklungsplanung.
Dazu hatte die Verwaltung eine ausführliche Vorlage erarbeitet, die allseits großes Lob erhielt. Ausgehend von den Prognosen der Schülerzahlen stellt diese Vorlage Handlungsoptionen an den weiterführenden Schulen vor (wir berichteten). Zu diesen Möglichkeiten zählen 1. die Erweiterung der Realschule um eine Oberstufe in Kooperation mit einem Berufskolleg, 2. die Auflösung der Haupt- sowie Realschule und Errichtung einer Gemeinschaftsschule (laut Schulversuch der Landesregierung), oder 3. die Zusammenführung der Haupt- und Realschule zu einer Verbundschule.
Doch gemach: Gleich zu Einstieg in die Aussprache betonte die Beigeordnete Sabine Kucharz, die so ausführliche Darstellung des Schulversuchsmodells „Gemeinschaftsschule“ diene „allein der Sachinformation zu einem momentan angesagten Thema“; auf keinen Fall solle damit zum Ausdruck gebracht werden, dass dieses Modell aus Sicht der Schulträgerverwaltung favorisiert werde. Und dann ließ sie einen entscheidenden Satz folgen: „Im Gegenteil: Langfristige Bestandsprobleme der einen Schule können nicht dadurch gelöst werden, dass man eine im Bestand ungefährdete, im landesweiten Qualitätsvergleich unangefochten im Exzellenzbereich angesiedelte andere Schule zerschlägt.“
So folgte der Ausschuss einstimmig der Empfehlung, in folgenden Schritten vorzugehen: Zunächst will man eine „flächendeckende Bedarfsabfrage“ vorbereiten, in die vor allem die Eltern einbezogen werden. Hier regte Petra Exner (CDU) an, dem Ausschuss die Fragebögen vorzulegen, die mit Unterstützung externer Fachleute entwickelt werden sollen. Das sagte Kucharz zu.
In einem zweiten Schritt sollen diese Ergebnisse mit den Schulleitern ausgewertet und eine Diskussion erster konzeptioneller Ansätze eingeleitet werden. Danach sollen Grundsatzentscheidungen des Schulträgers und der Schulkonferenzen fallen. Und in einem vierten Schritt mögen die Schulen inhaltliche Schulkonzepte entwickeln. „Aber bitte“, wie Kucharz nicht müde wurde zu betonen, „einen Schritt nach dem anderen, um nicht leichtfertig vorhandene Qualitäten und Optionen aufs Spiel zu setzen.“ Hier folgten ihr die Politiker auf ganzer Linie.
Auch das Thema Inklusion und „sonderpädagogische Förderbedarfe“ wird künftig eine wichtige Rolle spielen. Es geht dabei um die UN-Konvention, Kinder mit Behinderung nicht vom Grundschulunterricht und Besuch weiterführender Schule auszuschließen.
Die Städtische Realschule war gerade durch die Bezirksregierung Münster einer Qualitätsanalyse unterzogen worden – und hatte gut abgeschnitten. Verständlich, dass der Schulträger stolz war. Gleichwohl: Ich habe damals einen Leserbrief geschrieben, in dem ich davor warnte, einen Entscheidungsprozess der Politik durch eine Vorgabe der Dezernentin von vornherein einengen zu lassen.
Man behalte für den weiteren Verlauf im Gedächtnis, dass die Fragebögen zur Bedarfsabfrage dem Ausschuss vorgelegt werden sollten: „Das sagte Kucharz zu.“