Mein Gastkommentar in der Gescherer Zeitung
„Warum also keine Gesamtschule? – Der Entwicklungsprozess wird aber nur dann Früchte tragen, wenn die Planungen von Anfang an diejenigen einbeziehen, die letztlich mit ihren Anmeldungen über den Erfolg entscheiden: Die Eltern!“ Mit diesen Worten endete der Gastkommentar, den ich am 20. März 2010 für die Gescherer Zeitung geschrieben hatte. Jetzt, nicht ganz drei Jahre später, steht fest, dass es sie geben wird, die Gesamtschule in Gescher, und nicht nur den Anmeldungen, sondern dem Engagement der Eltern während des ganzen Prozesses ist es zu verdanken, dass es dazu gekommen ist. In der Kommunalpolitik, im Fachausschuss und im Rat, fanden sie breite Unterstützung, der „Schulkompromiss“ auf Landesebene war sicher auch hilfreich. Bürgermeister und Verwaltung hingegen begleiteten den Prozess von Anfang an mit Skepsis, auch mit Versuchen, ihn zu stören: Das begann Ende 2010 im Fachausschuss, als das Thema „Schulentwicklungsplan“ auf der Tagesordnung stand. Unverhohlen setzte Schuldezernentin Kucharz auf die bestehende Struktur, wobei sie dafür plädierte, die „langfristigen Bestandsprobleme“ der Hauptschule in Kauf zu nehmen. Die anschließende Elternbefragung sollte eine Basis für die Schulentwicklungsplanung sein; aber weder Eltern noch Politikern wollte die Verwaltung vorab Einblick in die Fragebögen gewähren. Informationen über die möglichen neuen Schulformen waren nicht vorgesehen. An dieser Stelle nahmen die Eltern die Dinge selbst in die Hand. Die Schulpflegschaften und Fördervereine der drei Gescherer Grundschulen organisierten eine Informationsveranstaltung, die von fast 400 Personen besucht wurde, Elternvertreter bemängelten in der Öffentlichkeit die fehlende Transparenz im Umgang mit dem Fragebogen. In den weiteren Prozess, der vom Fachausschuss beschlossen wurde, waren Stadtvertreter, Experten, Lehrkräfte, Elternvertreter und Verwaltungsspitze eingebunden. Dieser Prozess führte überraschend schnell und deutlich zu dem Vorschlag, in Gescher eine Gesamtschule zu gründen. Diesem Vorschlag folgten Fachausschuss und Rat nach Beratung durch die Bezirksregierung.
Nun haben die Eltern die neue Schule in großer Zahl gewählt. Während aus der Verwaltung noch kurz vor der Anmeldewoche zu hören war, man sei nicht sicher, ob die erforderliche Mindestzahl für eine Vierzügigkeit (100) erreicht werde, haben die Eltern genügend Schülerinnen und Schüler für fünf Eingangsklassen (139) angemeldet. Sollte sich der Eindruck bewahrheiten, dass die Verwaltung für diesen Fall keine Vorsorge getroffen hat – also mit der Bezirksregierung im Vorfeld geklärt hat, ob und unter welchen Voraussetzungen eine fünfte Eingangsklasse gebildet werden kann – wäre ein solches Versäumnis unprofessionell. Die Absagen an die Eltern nicht angenommener Schüler haben unmittelbar nach Abschluss der Anmeldefrist das Rathaus verlassen – warum diese Eile? Nun melden sich diese Eltern mit breiter Unterstützung erneut zu Wort.
Das Thema „Schule“ ist ein sensibles Feld. Es geht um Erziehung und Bildung und damit um viele Jahre Zukunft heutiger Kinder. Außerdem verteilt Schule über Abschlüsse Lebenschancen. Wer will es Eltern verdenken, dass sie es nicht mehr akzeptieren, dass an ihnen und den Interessen ihrer Kinder vorbei gehandelt wird? In der Verfassung des Landes Nordrhein-Westfalen heißt es im Artikel 8: „Das natürliche Recht der Eltern, die Erziehung und Bildung ihrer Kinder zu bestimmen, bildet die Grundlage des Erziehungs- und Schulwesens.“