Transfusion für die Coesfelder Kreuzschule
„75 weitere Schüler für die Kreuzschule – Nottulner kommen nach Coesfeld“ titelt die Coesfelder Allgemeine Zeitung am Donnerstag, dem 27. Juni 2013. Damit erhält der kränkelnde Hauptschulbereich Coesfelds eine Transfusion, die als Verfallsdatum 2016 trägt.
Nottulns Hauptschule läuft aus.
In Nottuln gab es seinerzeit den Wunsch nach einem eigenen Gymnasium; damals war Coesfeld – wie auch in Sachen Gescherer Gesamtschule – über die Konkurrenz nicht erbaut. 1991 ging trotz der Coesfelder Bedenken das neue Gymnasium an den Start. Aber solange über die sogenannte „Querverschiebung“ die Übergangsquoten zu den Realschulen und Gymnasien stiegen (und zu den Hauptschulen zwangsläufig sanken), konnten beide Städte ihre Gymnasien füllen.Jetzt sinken die Schülerzahlen allerorten, mit misslichen Folgen: Die Hauptschulen sind am Ende, weil sinkende Schülerzahlen und sinkende Übergangsquoten sich addieren, die einzige Hauptschule Nottulns läuft aus.
In Coesfeld bleibt nur eine von vier Hauptschulen übrig.
In Coesfeld plant man aus dem gleichen Grund die Schließung der dritten Hauptschule, der Anne-Frank-Schule, nachdem die Johannesschule in Lette und die Albert-Schweitzer-Schule am Köbbingshof schon vor etlichen Jahren nicht mehr selbständig existieren konnten. Zumindest übergangsweise kann Coesfeld noch aufatmen: Die Nottulner Hauptschüler der jetzigen Geschwister-Scholl-Schule werden demnächst in Coesfeld zur Schule gehen, eben in die Kreuzschule. Das ist allerdings in drei Jahren vorbei, da es sich lediglich um die Klassen 8 bis 10 handelt.
In Nottuln gegliedertes und integratives Schulwesen
Das Bistum Münster hat nämlich die bischöfliche Realschule (Liebfrauenschule) in eine Sekundarschule umgewandelt; diese neue Schule löst die auslaufende Realschule ab. Damit hat Nottuln ein neues Problem: Für die knapp 20.000 Einwohner Nottulns wird der Hauptschulabschluss ebenso wie der Mittlere Bildungsabschluss in der Sekundarschule angeboten. Da die Sekundarschule aber auch einen gymnasialen Bildungsgang (bis zur Klasse 10) enthält, gibt es mit dem Gymnasium zwei Wege zum Abitur, die in der gymnasialen Oberstufe zusammengeführt werden. Die Wahlfreiheit ist grundsätzlich positiv, da die Wege zur Hochschulreife unterschiedlich sind – aber ob auf Dauer zwei Schulen hier für eine sinnvolle gymnasiale Arbeit genügend Schüler rekrutieren können, sei dahingestellt.
Fazit
- Nottuln hat als kommunaler Träger nur noch ein Gymnasium, die anderen Bildungsgänge bietet die Sekundarschule in bischöflicher Trägerschaft an. Und da die Sekundarschule einen gymnasialen Bildungsgang in den Klassen 5 bis 10 anbietet, gibt es zumindest in der Sekundarstufe I zwei gymnasiale Bildungsgänge, die beide auf eine gewisse Mindestzahl an Schülern angewiesen sind. Der Vorteil natürlich: Der Weg zum Abitur in neun Jahren wird in Nottuln ebenso angeboten wie der achtjährige Weg.
- Coesfeld lässt immer mehr Federn. Von ursprünglich vier Hauptschulen bleibt nur die Kreuzschule, und die erhält einen Teil ihrer Schüler von der auslaufenden Coesfelder Anne-Frank-Schule, einen anderen von der ebenfalls auslaufenden Nottulner Geschwister-Scholl-Schule. Je weniger Gymnasiasten und Realschüler von außerhalb einpendeln, umso notleidender wird das gegliederte System. Coesfelds Gymnasien und Realschulen werden sich noch mehr im Steinbruch Hauptschule bedienen müssen, wenn nicht über Schließungen in diesem Bereich nachgedacht werden soll. Und es werden immer weniger einpendeln: Nottuln bietet beide gymnasialen Wege selbst an, die Gesamtschule in Gescher bindet mindestens einen nennenswerten Anteil, die Verbundschule Rosendahl/Legden wird zur Sekundarschule und bietet damit ebenfalls einen gymnasialen Bildungsgang an, Billerbeck hat diesen seit kurzem in der neuen Gemeinschaftsschule. Liebe Coesfelder, es wird eng. Nehmt die rosarote Brille ab. Zu lange habt ihr die (zahlenmäßige) Entwicklung der Realschulen und Gymnasien für einen Erfolg eurer Schulpolitik gehalten, die Folgen für die Hauptschulen habt ihr gesehen, aber nicht zur Kenntnis nehmen wollen. Jetzt dezentralisiert sich das Schulsystem, weil die kleineren und mittleren Kommunen nur durch integrative Systeme weiterhin eine funktionierende weiterführende Schule im Ort halten können. Die Erfolgsgeschichten von Realschulen und Gymnasien stellen sich heute als Pyrrhussiege heraus, sie haben den für ein funktionierendes gegliedertes Schulwesen notwendigen Partner Hauptschule ausgesaugt. Und Coesfeld muss sich jetzt etwas einfallen lassen: Eine Hauptschule, zwei Realschulen und drei Gymnasien wird man auf Dauer nicht füllen können.