Coesfeld muss sich entscheiden.

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„Basis für Sekundarschule zu schmal“ – so heißt es in der Überschrift des Artikels, der über die Ergebnisse der Elternbefragung zur künftigen Gestaltung der Coesfelder Schullandschaft berichtete. Nur rund ein Sechstel der Eltern hatte die Sekundarschule auf dem Zettel. Das darf nicht verwundern, denn zum Ablauf der Befragung durch die Beratungsfirma biregio aus Bonn gehört der Verzicht auf eine Information über die Schulformen.
Das Wichtige steht wie so häufig im Kleingedruckten. Hubertus Schober, der Gründer von biregio trug die Ergebnisse vor:

„Bei einem künftigen Aufkommen von 320 Grundschülern würden 55 Kinder eine  Sekundarschule besuchen wollen, 75 Schüler seien aber nötig. Daher bezeichnete Schober die Basis des klaren Ja für eine  Sekundarschule in Coesfeld für zu schmal.
Bei einer möglichen Gesamtschule sehe die Lage anders aus. Bei einem künftigen Aufkommen von 320 Grundschülern könne man mit 95 Gesamtschülern rechnen. Die Mindestanzahl wären hundert Schüler. Letztlich handele es sich bei der Gründung einer Gesamtschule um eine bildungspolitische Entscheidung.“ Allgemeine Zeitung vom 22. April 2015

Schober  formuliert die eigentliche Botschaft zurückhaltend, aber dennoch eindeutig: Coesfeld muss sich entscheiden, ob es eine Gesamtschule gründen will. Dabei wird man die Vierzügigkeit locker erreichen; allerdings muss man die Konsequenzen überdenken: Schließt man die Hauptschule nicht, steht die neue Gesamtschule neben dem dreigliedrigen System und wird leiden, ebenso wie Hauptschule, Realschule und Gymnasium. Schließt man (nur) die Hauptschule und nicht auch die Realschulen, wird die Gesamtschule die Rolle der Hauptschule in einem dann wieder dreigliedrigen System übernehmen – für das Scheitern von Gesamtschulgründungen in einer solchen Konstellation gibt es Beispiele, zum Beispiel in der vergleichbar großen Stadt Voerde im Kreis Wesel.
Entscheidet sich der Schulträger Stadt Coesfeld nicht, wird der Zeitablauf ihr diese Entscheidung abnehmen. Es wird dann zu Schulschließungen im bestehenden System kommen – drei Gymnasien und zwei Realschulen wird es nicht mehr geben, und die Frage „Wohin mit den Hauptschülern?“ wird man auch noch beantworten müssen:

„Auf die Kreuzschule, eine Hauptschule in Coesfeld, angesprochen, äußerte Hubertus Schober, dass Jahr für Jahr im Land Nordrhein-Westfalen mangels geringer Anmeldezahlen Hauptschulen geschlossen würden. Das sei der allgemeine Trend, weil eine schleichende Akademisierung greife. In Zukunft würde es wohl nur noch zwei Schulformen geben: das Gymnasium, das aus seiner Sicht unumstößlich sei, und eine Art Oberschule.“ Allgemeine Zeitung vom 22. April 2015

Hier versteckt sich die eigentliche Empfehlung. Coesfeld hat jetzt noch die Chance, dieses Zweisäulenmodell zu gestalten, bevor die demografische Entwicklung und das Schulwahlverhalten der Eltern dies unumgänglich macht.
Ach, und wenn Coesfeld eine Gesamtschule tatsächlich gründen will, dann muss die Stadt Gescher beteiligt werden – und wird bei der Zügigkeit sicherlich ein Wort mitreden wollen.

Und zum Schluss noch die Einschätzung der Redakteurin zur Qualität der Befragung durch biregio:

Im Grunde ist man nach der Elternbefragung zum Schulstandort in der Sekundarstufe genauso schlau wie vorher. Denn die Ergebnisse sind mit Vorsicht zu genießen. Sie wirken wie ein Lesen im Kaffeesatz. „Angenommen, in Coesfeld würde eine Gesamt- oder Sekundarschule eingerichtet, würden Sie Ihr Kind dort anmelden?“ lautet eine der vielen Fragen. Dazu müssten die befragten Eltern aber erstmal Details zu diesen Schulformen kennen. In der Befragung tauchen ein bisschen zu oft die Formulierungen „hätte, wäre, wenn“ auf. Auch die Antwortmöglichkeiten „ja – ja, vielleicht – nein, eher nicht – nein“ sind einfach zu schwammig, um gesicherte Schlüsse aus einer solchen Befragung zu ziehen. Schade, dass die Mitglieder des Ausschusses für Kultur, Schule und Sport nicht direkt die Chance genutzt haben, konkrete Fragen an den Fachmann der Projektgruppe zu stellen.       Manuela Reher , Allgemeine Zeitung vom 25. April 2015