Coesfelds Schulwesen auf dem Weg zum Zwei-Säulen-Modell

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Es geht in diesem Post um die Sekundarstufe I, um die Schulformen Gymnasium, Hauptschule, Realschule in Coesfeld.

Sitzung des Schulausschusses

Morgen, am 1. März 2016, tagt der Schulausschuss. Auf seiner Tagesordnung stehen im Wesentlichen zwei Punkte:

2. Fortschreibung der Schulentwicklungsplanung Vorlage: 057/2016
3. Auflösung der Anne-Frank-Hauptschule Vorlage: 059/2016

In der Vorlage zum Tagesordnungspunkt zwei heißt es:
„Die Schulleitungen sprachen sich erneut einmütig für die Weiterführung des dreigliedrigen Systems in Coesfeld aus.
Die Verwaltung teilt die Einschätzung der Schulleitungen. Die Anmeldezahlen der vergangenen Schuljahre bestätigen das dreigliedrige Schulsystem in Coesfeld. Solange die Schulform Hauptschule für die Hauptschüler in Coesfeld ein gutes, angenommenes Bildungsangebot unterbreitet und durch gelungene Schulkooperationen im gegliederten System ein auf die individuelle Situation und Entwicklung des Schülers abgestimmtes Bildungsangebot gewährleistet ist, besteht kein Anlass zur grundlegenden Änderung der Schulstruktur in Coesfeld. (Hervorhebung durch den Autor HV)
Wenn das so ist, dann wundert man sich über Tagesordnungspunkt 3: Auflösung der Anne-Frank-Hauptschule.

Dreigliedrigkeit bewährt?

Hier reibt sich der aufmerksame Leser die Augen: In der Allgemeinen Zeitung waren die Anmeldezahlen zu lesen. Bei deren Bewertung muss man im Auge behalten, dass der demografische Wandel greift und zum Rückgang der absoluten Zahlen landesweit führt.
Der Tenor der Berichterstattung in Coesfeld war:

  • Drei Gymnasien mit Anmeldezahlen, die die dauerhafte Existenz von drei Gymnasien auf Dauer fraglich erscheinen lässt,
  • insgesamt Anmeldezahlen für die beiden Realschulen, die sie nicht nur als gesichert, sondern auch als die Gewinner des Wettbewerbs um Schüler erscheinen lassen,
  • und ein weiterer dramatischer Einbruch im Hauptschulbereich.

Obwohl es nur noch eine Hauptschule in Coesfeld geben wird, haben sich gerade einmal 28 Schülerinnen und Schüler eingefunden. Im Vorjahr waren noch 51. Wer diese Entwicklung mit den oben zitierten Worten beschreibt, ist zynisch. Kann man hier davon sprechen, dass es sich bei der Hauptschule um ein „angenommenes“ Angebot handelt? Wohl kaum.
Eine Hauptschule mit zwei Eingangsklassen zu je 14 Schülern? Geht gar nicht. Das sieht auch die Verwaltung so. So tröstet sie sich mit zwei Entwicklungen, nämich mit der Erfahrung, dass es immer wieder einige Nachmeldungen gibt, und mit der Überleitung von vier oder fünf Flüchtlingskindern aus der Vorbereitungsklasse in die Regelklasse. Also Nachzügler und Flüchtlinge sollen die Zweizügigkeit der letzten Hauptschule in den grünen Bereich hieven? Wieder Zynismus: Sind alle Flüchtlingskinder von ihrem Begabungsprofil her automatisch Hauptschüler? Sind nicht alle Schulformen durch Schulrecht zur Förderung von Migranten verpflichtet? Braucht man die Hauptschule als Ausputzer, zur Beschulung der Schülerinnen und Schüler, die besondere pädagogische Zuwendung brauchen, weil sie Probleme haben oder machen oder beides?

Auf dem Weg zum Zwei-Säulen-System

Wenn man die Scheuklappen mal ablegt, ergibt sich folgendes Bild:
Die Hauptschulszene liegt in den letzten Zügen. Die Realschulen sind zahlenmäßig weiterhin die „Sieger“, die Gymnasien sind auf der Verliererstraße, wenngleich sehr viel langsamer als die Hauptschule; eines von den dreien wird dennoch auf der Strecke bleiben.

Die Schülerinnen und Schüler, die früher die Hauptschule besuchten, sind nicht aus der Welt, sie gehen jetzt in die Realschulen. Damit wird deren Schülerschaft immer vielfältiger und bunter, mit anderen Worten: Die Realschulen sind, ob sie wollen oder nicht, mittlerweile integrierte Schulen mit Schülern höchst unterschiedlicher Begabungsprofile und Leistungsfähigkeiten. Die Zusammensetzung der Schülerschaft ähnelt der der Sekundarschulen. In Coesfeld werden die Realschulen überleben, Gymnasien wird es weiterhin geben, wenn auch nur zwei, und eine Hauptschule, die die Voraussetzungen für einen geordneten Schulbetrieb erfüllt, nämlich die Zweizügigkeit, wird es nicht mehr geben; das hat bereits im letzten Jahr das mit der Schulentwicklungsplanung beauftragte Institut „biregio“ („Bildung und Region“) prognostiziert.

Fazit

Die Schulszene in der Sekundarstufe I (Klassen 5 bis 10) ist auf dem Weg von der immer wieder mit Realitätsverlust beschriebenen Dreizügigkeit zum Zwei-Säulen-Modell. Eine Schulform für die Schüler, die das Abitur nach dem Modell „G 8“ machen, eine Schulform – wie auch immer sie dann heißt – mit dem mittleren Bildungsabschluss für viele, und der Perspektive „G 9“ für diejenigen, die nach Klasse 10 zum Gymnasium wechseln.