In der Lokalzeitung konnte man über lange Zeit den Konflikt verfolgen, der zwischen den Eltern der katholischen Grundschule in Coesfeld-Lette ausgetragen wurde: Soll unsere Grundschule eine katholische Bekenntnisschule bleiben oder eine Gemeinschaftsschule werden? Vor zwei Jahren wurden in Gescher die Pankratiusschule und die Schule auf dem Hochmoor ziemlich geräuschlos umgewandelt.
Rechtlicher Rahmen
Schauen wir einmal genauer hin: Das Schulrecht in Nordrhein-Westfalen sieht nur für zwei Formen öffentlicher Schulen die Schulart Bekenntnisschule vor, für Grundschulen und für Hauptschulen. Das hängt mit der Geschichte zusammen. Sie entstammen der früheren Volksschule; aus den damaligen Klassen 1 bis 4 entstand 1968 die Grundschule, aus den Klassen 5 bis 8 (oder 9) die Hauptschule. Die Volksschulen waren überwiegend Bekenntnisschulen, oft war der Schuleinzugsbereich identisch mit dem Gebiet einer Pfarrgemeinde. Nach der Schulreform 1968 sollte es diese Möglichkeit auch weiterhin geben.
Heute sagt die Landesverfassung im Artikel 12 Abs. 3 über die Grundschule:
„(3) In Gemeinschaftsschulen werden Kinder auf der Grundlage christlicher Bildungs- und Kulturwerte in Offenheit für die christlichen Bekenntnisse und für andere religiöse und weltanschauliche Überzeugungen gemeinsam unterrichtet und erzogen.
In Bekenntnisschulen werden Kinder des katholischen oder des evangelischen Glaubens oder einer anderen Religionsgemeinschaft nach den Grundsätzen des betreffenden Bekenntnisses unterrichtet und erzogen.“
Und in Artikel 13 heißt es:
„Wegen des religiösen Bekenntnisses darf im Einzelfalle keinem Kinde die Aufnahme in eine öffentliche Schule verweigert werden, falls keine entsprechende Schule vorhanden ist.“
Diese Vorschrift stellt sicher, dass jedes Kind eine Beschulung in angemessener Entfernung von seinem Elternhaus erfahren kann, unabhängig von seinem Bekenntnis.
Schauen wir auch in das Schulgesetz. Da ist der § 26 (Schularten) entscheidend:
„(1) Grundschulen sind Gemeinschaftsschulen, Bekenntnisschulen oder Weltanschauungsschulen. Hauptschulen sind in der Regel Gemeinschaftsschulen.
(2) In Gemeinschaftsschulen werden die Schülerinnen und Schüler auf der Grundlage christlicher Bildungs- und Kulturwerte in Offenheit für die christlichen Bekenntnisse und für andere religiöse und weltanschauliche Überzeugungen gemeinsam unterrichtet und erzogen.
(3) In Bekenntnisschulen werden Kinder des katholischen oder des evangelischen Glaubens oder einer anderen Religionsgemeinschaft nach den Grundsätzen des betreffenden Bekenntnisses unterrichtet und erzogen. Zum evangelischen Bekenntnis im Sinne dieser Vorschrift gehören auch die bekenntnisverwandten Gemeinschaften.
(4) In Weltanschauungsschulen werden die Schülerinnen und Schüler nach den Grundsätzen ihrer Weltanschauung unterrichtet und erzogen. An Weltanschauungsschulen wird Religionsunterricht nicht erteilt.
(5) In Gemeinden mit verschiedenen Schularten können die Eltern die Schulart zu Beginn jedes Schuljahres wählen. Der Wechsel in eine Schule einer anderen Schulart ist während des Schuljahres nur aus wichtigem Grund zulässig. Schülerinnen und Schüler einer Minderheit können die Schule einer benachbarten Gemeinde besuchen, falls in ihrer Gemeinde die gewünschte Schulart nicht besteht.
(6) In Schulen aller Schularten soll bei der Lehrereinstellung auf die Konfession der Schülerinnen und Schüler Rücksicht genommen werden. An Bekenntnisschulen müssen 1. die Schulleiterin oder der Schulleiter und 2. die übrigen Lehrerinnen und Lehrer dem betreffenden Bekenntnis angehören. Sie müssen bereit sein, im Sinne von Absatz 3 Satz 1 an diesen Schulen zu unterrichten und zu erziehen. Zur Sicherung des Unterrichts sind Ausnahmen von Satz 2 Nummer 2 zulässig.
(7) An einer Bekenntnisschule mit mehr als zwölf Schülerinnen und Schülern einer konfessionellen Minderheit ist eine Lehrerin oder ein Lehrer des Bekenntnisses der Minderheit einzustellen, die oder der Religionsunterricht erteilt und in anderen Fächern unterrichtet. Weitere Lehrerinnen und Lehrer des Bekenntnisses der Minderheit sind unter Berücksichtigung der Zahl der Schülerinnen und Schüler der Minderheit und der Gesamtschülerzahl der Schule einzustellen.“
Was heißt das für die Praxis?
Interessant sind die Absätze 6 und 7. In Absatz 6 wird zwar grundsätzlich vorgeschrieben, dass Schulleiter bzw. Schulleiterin und Lehrkräfte dem entsprechenden Bekenntnis angehören müssen, dass zur Sicherung des Unterrichts aber Ausnahmen bei der Besetzung der Lehrerstellen möglich sind.
Dagegen finden wir in der Allgemeinen Zeitung vom 1. Februar 2017: „Damals war genauso ein Fall (die Ablehnung der Einstellung einer evangelischen Lehrerin – HV) der Auslöser für die Diskussion: die Schulleiterin musste die Bewerbung einer Lehrerin ablehnen – weil diese evangelisch war. Eine Umwandlung hätte eine größere Gerechtigkeit bei der Einstellung von Lehrern zur Folge gehabt. „Ich muss nun weiterhin Lehrer aussortieren, wenn die Konfession nicht passt“, so Schulleiterin Schäfer. „Ebenso wie ich katholische Schüler bevorzugt aufnehmen müsste, wenn wir zu viele Anmeldungen hätten.“ Vor dem Hintergrund des Gesetzestextes ist das zumindest etwas vereinfacht dargestellt. Wenn der Unterrichtsbedarf sonst nicht gedeckt werden kann, ist eine Einstellung in einem anderen Bekenntnis zulässig. Der Absatz sieben schreibt dies sogar vor, wenn – und davon ist in Lette auszugehen – mehr als zwölf evangelische Schülerinnen und Schüler an der katholischen Grundschule vorhanden sind. Wichtig: Nicht nur eine entsprechende Lehrkraft für den evangelischen Religionsunterricht muss dann eingestellt werden, sondern weitere evangelische Lehrkräfte sind einzustellen.
Aus der rechtlichen Sicht gibt es eine wirkliche Begrenzung nur bei der Besetzung der Schulleiterstelle. Insofern ist – wenn die Zeitung korrekt berichtet hat – etwas vereinfacht argumentiert worden.
Fazit
Das Ergebnis des Verfahrens ist richtig, weil man unterstellen kann, dass ein gesetzlich vorgeschriebenes Verfahren richtig durchgeführt wurde. Dennoch bleiben einige Fragen zu besprechen:
- Worin besteht der Unterschied zwischen einer Erziehung nach katholischen Grundsätzen und einer Erziehung nach evangelischen Grundsätzen? Sicherlich werden Gottesdienste in der Schulgemeinschaft verschieden aussehen. Es gibt auch Unterschiede im Schulleben – ein Namenstag der Franziskusschule am 4.Oktober, der Marienschule am 12. September … Aber würde eine Streitschlichtung, eine freundliche Zuwendung, eine Ermutigung von der Konfession bestimmt?
- Haben sich seit der Zeit der Volksschule die Verhältnisse nicht soweit verändert, dass es kaum noch Gebiete und Orte gibt, die ein ganz überwiegendes konfessionelles Übergewicht erkennen lassen?
- Wird der Status „Bekenntnisschule“ nicht missbraucht, wenn bei einem Nebeneinander von Bekenntnis- und Gemeinschaftsschule die Muslime sich ganz überwiegend in der Gemeinschaftsschule wiederfinden? Es ist kein Geheimnis, dass deutsche Eltern ihre Kinder in solchen Fällen gerne an der Bekenntnisschule anmelden.
Meine Meinung
Man sollte keinen Kulturkampf daraus machen. Wie in anderen Institutionen auch dürfen Kinder in der Schule erleben: Es gibt katholische, evangelische, muslimische und auch konfessionslose Kinder, es gibt behinderte und nichtbehinderte Kinder, es gibt Kinder, die aus Deutschland stammen und solche, die aus anderen Ländern stammen.
Ein Kompliment an die Schulszene der Grundschulen in Gescher: Es gibt eine katholische Grundschule, die schwerpunktmäßig auch die Kinder aufnimmt, die noch Deutsch lernen müssen, und es gibt eine Gemeinschaftsschule mit zwei Standorten, die alle Kinder unabhängig von der Konfession aufnimmt. Über die Anmeldung entscheiden im Rahmen der vom Schulträger festgelegten Zügigkeit die Eltern.