1951 bis 1958 – Schulleiter Schubert
Nach der kommissarischen Leitung der Rektoratschule durch Bernhard Schubert übertrug man ihm auch die Leitung der Mittelschule, die 1951 in „Realschule“ umbenannt wurde. Schon bald erwies sich diese Schulform, diese Schule in Gescher, als attraktiv. Kinder aufstiegsorientierter Eltern konnten eine weiterführende Schule besuchen und damit Aussicht auf einen besseren Arbeitsplatz gewinnen, ohne Gescher zu verlassen.Die Zahl der Anmeldungen war trotz Aufnahmeprüfungen recht hoch; der Einzugsbereich reichte über die Grenzen der damaligen Gemeinde Gescher hinaus, in die Gemeinden des Amtes Gescher sowieso, aber auch bis nach Velen. Die zunehmende Zahl an Schülern veranlasste den Gemeindedirektor Gerhard Willerding, dem Rat einen Neubau vorzuschlagen, direkt neben der Volksschule an der Von-Galen-Straße. Der neue Schulleiter, der 1958 nach dessen Pensionierung Bernhard Schubert folgte, war Karl Theo Gerwinn; er konnte mit seiner ganzen Schule das neue Gebäude Anfang 1959 beziehen. Zur Einweihung berichtet die Allgemeine Zeitung vom 13. Januar 1959, dass die große Schülerzahl der Schule auf das große Einzugsgebiet zurückzuführen sei; die Schule nehme „Jahr für Jahr auch viele Schüler aus den beiden Nachbarkreisen Ahaus und Borken“ auf. Die Schüler kämen aus Stadtlohn, Vreden, Borken, Ramsdorf und Velen. (Vgl. Wiemold, Willi: Gescher im 20. Jahrhundert. Die Jahre 1951 bis 1960 in Bildern und Berichten. Selbstverlag Willi Wiemold, 2000. S.246 ff)
1958 bis 1967 Schulleiter Gerwinn
Unter der Leitung von Karl Theo Gerwinn wuchs die Schule; die Schulform Realschule war geeignet, Kindern einen Aufstieg zu bieten, den ihre Eltern nicht erreicht hatten. Kinder aus Gescher, die auch das Gymnasium hätten besuchen können, gingen vielfach zunächst zur Realschule, wo sie am Ort einen Abschluss erreichen konnten. Diese Zusammensetzung der Schülerschaft bot der Realschule ein geeignetes Reservoire für einen anspruchsvollen Unterricht.
1967 bis 1987 – Schulleiterin Bonhoff
1967 wurde Maria Bonhoff Leiterin der Schule, erstmals also eine Frau als Leitung einer Schule in Gescher. Auf sie warteten einige Umbrüche. Der erste war die Schulreform von 1968.
Die Schulreform von 1968 strukturiert die Schulformen neu
1968 gab es eine wichtige Schulreform in Nordrhein-Westfalen, letztlich auf dem Gebiet der damaligen Bundesrepublik überhaupt. Die wenig gegliederten Landschulen wurden geschlossen, die Volksschule als Schulform wurde in die Klassen 1 bis 4 (Grundschule) und die Klassen 5 bis 9, später bis 10 (Hauptschule), zerlegt. Der Begriff „Volksschule“ blieb als Klammer für diese beiden Schulformen noch einige Jahrzehnte erhalten – sogar in der Landesverfassung bis zum historischen Schulkompromiss in NRW im Jahre 2011. Der Hauptschulabschluss nach Klasse 9 löste den Volksschulabschluss nach Klasse 8 ab.
Die Realschule bekommt Konkurrenz
Obwohl die Schulform Realschule nicht unmittelbar betroffen war, wirkte sich die Reform auch auf sie aus. Die Hauptschule wurde nach einer Verfassungsänderung zu einer „Schule weiterführender Bildung“, also eine weiterführende Schule, die anders als Realschule oder Gymnasium spezifische Inhalte zur Vorbereitung auf Arbeits- und Berufswelt (wie den Lernbereich „Arbeitslehre“ mit den Fächern Technik, Hauswirtschaft und Wirtschaftslehre) vermittelte. 1980 wurde die zehnjährige Vollzeitschulpflicht eingeführt, die damit auch für die Hauptschüler galt.
Bereits mit der Einführung der Hauptschule bestand die Möglichkeit, freiwillig eine zehnte Klasse zu besuchen; sie setzte den Hauptschulabschluss mit besonderen Leistungen voraus und führte zur „Mittleren Reife“. Damit hatte die Realschule auch in Gescher Konkurrenz bekommen: Ab 1969, als die Hauptschule in Gescher die Arbeit aufnahm, konnten zwei Schulformen hier den Mittleren Bildungsabschluss vergeben. Über beide Schulen – Realschule wie Hauptschule – konnten ohne Zeitverlust die Fachoberschulreife („Mittlere Reife“) und das Abitur („Allgemeine Hochschulreife“) erworben werden. – Das änderte sich in den Zeiten der auf acht Jahre verkürzten gymnasialen Laufbahn; hier erhielten Realschüler mit besonders guten Leistungen einen Zeitvorteil.
Aufnahmeprüfung und Lehrerempfehlung
Die Realschule Gescher galt als fordernde und anspruchsvolle Schule. Dennoch wuchs sie – auch wegen der steigenden Kinderzahlen in den 60-er Jahren. Der Zugang war bald nicht mehr durch eine Aufnahmeprüfung, sondern durch eine verbindliche Lehrerempfehlung geregelt. Wenn Eltern mit dieser Empfehlung nicht einverstanden waren, musste das Kind allerdings einen „Probeunterricht“, also doch eine Aufnahmeprüfung, bestehen. Die Verbindlichkeit der Lehrerempfehlung wurde später ausgesetzt, wieder eingeführt, dann wieder ausgesetzt. Solche Wechselbäder sind Teil der Belastung der Schulen in ihrer Entwicklung: Jeder Regierungswechsel führt zu einer Rücknahme von Maßnahmen der Vorgängerregierung, die zum Teil mit erheblichem Aufwand in den Schulen umgesetzt wurden. So entsteht Frustration statt Motivation.
Ob die Empfehlungen für eine Schulform verbindlich waren oder nicht, machte kaum einen Unterschied. Lehrkräfte der Grundschulen scheuten oft die Auseinandersetzung mit den Eltern; wenn dann noch die Sorge dazu kam, das Kind könne unter Umständen den Probeunterricht trotz negativer Prognose des Grundschullehrers bestehen, gingen viele den Weg des geringeren Widerstandes und folgten dem Wunsch der Eltern. Fehlende Aus- und Fortbildung für das Verfassen solcher Texte führte zu subjektiven Urteilen, die zu hohen Sitzenbleiber- und Schulformwechslerquoten beitrugen, wenn sie wegen schwacher Leistungen abgeschult wurden. Die Hauptschule in Gescher nahm in manchen Durchgängen einer frisch aufgenommenen fünften Klassenstufe bis zu deren Abschluss eine ganze weitere Klasse von Schulformwechslern aus den Gymnasien in Coesfeld, überwiegend aber aus der Realschule in Gescher auf.
1973/74: Noch ein Neubau – ein Schulzentrum entsteht
Beide weiterführenden Schulen Geschers wuchsen. Gescher selbst wuchs, die Zahl der Kinder stieg (noch) an. Die Hauptschule musste im ersten Halbjahr des Schuljahres 1973/74 sogar einen Teil der Schüler am Vormittag, einen anderen Teil am Nachmittag unterrichten. Manche Klassenzimmer waren daher doppelt genutzt, Fachräume wurden zu Klassenräumen, für den Fachunterricht fehlten sie.
Neben die seit 1969 am Borkener Damm bestehende Hauptschule baute der nun zum Stadtdirektor avancierte Gerhard Willerding einen wuchtigen Neubau für die Realschule. Da auch die Hauptschule gewachsen war, erhielt sie Klassen- und Fachräume in dem neuen Gebäude zugewiesen. Ihre Verwaltung – Sekretariat, Schulleitung und Lehrerzimmer zogen ebenfalls um. Der Neubau wurde um den Jahreswechsel 1973/74 bezogen. Beide Schulen bildeten von nun an ein Schulzentrum – eine Entwicklung, die vom Land gefordert wurde.
Trotz der räumlichen Nähe gab es aber immer wieder Reibereien zwischen den Schulen: Schüler hatten auf „ihrem“ Schulhof zu bleiben, Realschüler sollten nicht zu den Hauptschülern, diese nicht zu den Realschülern gehen. Immer wieder gab es Beschwerden über Verletzung der unsichtbaren Grenze durch unbotmäßige Schüler. Das Sprachlabor – eine Errungenschaft des Sprachenlernens mit hohem Technikanteil – wurde zunächst eifrig von beiden Schulen genutzt. Später verlangte die Realschule zunehmend, letztlich mit Erfolg, diesen Raum in ein Klassenzimmer umzuwandeln. Statt einer Ausstattung für beide Schulen bekam die Realschule Apple-Rechner für den beginnenden Unterricht in den Neuen Technologien, die Hauptschule hingegen setzte auf Commodore. – Später gab es eine Kooperationsverordnung, mit der das Land die Zusammenarbeit von Schulen am Ort anstoßen wollte – in vielen Fällen erfolglos, auch in Gescher.
In der zweiten Hälfte der 70-er Jahre stiegen die Schülerzahlen in der Realschule und der Hauptschule weiter an; die Klassen im Schulzentrum waren groß und voll. Annähernd 2000 Schüler besuchten die beiden weiterführenden Schulen in Gescher. In den 80-er Jahren, erst recht in der zweiten Hälfte, änderte sich das rapide. Die Hauptschule erhielt weniger Schüler wegen des demografischen Wandels einerseits und eines veränderten Schulwahlverhaltens andererseits. Prozentual gingen nun mehr Kinder zur Realschule, immer weniger in die Hauptschule. Gleichzeitig verlor die Realschule wegen eben dieses veränderten Anmeldeverhaltens der Eltern auch Schüler an das Gymnasium. Hier begann der Weg, der letztlich zum Ende vieler Realschulen führte: Der Sogeffekt zur Realschule, auch über Gemeindegrenzen hinweg, schwächte jeweils die örtlichen Hauptschulen, zum Teil so sehr, dass die Schülerzahlen für ihren weiteren Betrieb nicht mehr ausreichten. Das führte in einigen Gemeinden, auch in den CDU-regierten des Münsterlandes, zur Gründung von Gesamtschulen, zum Beispiel in Saerbeck, Nordwalde und Olfen – sämtlich kleine Gemeinden, in denen es nur eine Hauptschule gab.

Seit 1984 wurde Maria Bonhoff durch einen neuen Konrektor unterstützt, er hieß Manfred Wielens. Nach der Pensionierung von Frau Bonhoff im Jahre 1987 wurde er ihr Nachfolger. – Doch davon später mehr.
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