Eine kleine Geschichte der Don-Bosco-Schule Gescher – Teil I (1964 bis 1969)

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Vorlauf 1964 bis 1969

P1010509Das ist heute der Eingang zur Hauptschule, im Jahre 2017. Die Don-Bosco-Schule in Gescher gibt es noch ein Jahr – bis zum 31. Juli 2018. Grund genug, einen Blick zurückzuwerfen, auf Ihre Entstehung, ihre Schüler und Lehrer, ihre Schulentwicklung. In diesem Klassentrakt war die Verwaltung der Schule bei ihrem Start 1969 provisorisch untergebracht, in den letzten Jahren ihrer Existenz war die Schulleitung hier wieder angekommen.

Die Amtsverwaltung Geschers stand 1964 vor einer schwierigen Entscheidung: Man brauchte ein neues Verwaltungsgebäude, der Schulverband Gescher-Harwick eine neue Volksschule. Das war nicht gleichzeitig zu finanzieren, also entschied sich der Schulträger für den Bau einer achtklassigen Volksschule im südwestlichen Viertel des Ortes. Schließlich sollten im Jahre 1969 weitere 525 Kinder vor den Schultüren stehen. (Vgl. hierzu Marx, Werner: Aufbau und Entwicklung der Gemeinschafts-Hauptschule Gescher in den Jahren 1964 – 1974. In: Zwanzig Jahre Hauptschule in Gescher. 1969 – 1989. Festschrift zum zwanzigjährigen Bestehen der Don-Bosco-Schule Gescher. 1989. S. 5 ff) Geplant war im Endzustand eine zehn- bis zwölfklassige Schule mit Turnhalle und Lehrküche.

Die Schulverbandsversammlung beauftragte am 14. November 1964 die Verwaltung, mit den Eigentümern der Grundstücke am Borkener Damm, die für den Schulbau geeignet schienen, Kaufverhandlungen zu führen.

Am 22. Juli 1966 fand mit Vertretern der Bezirksregierung und der Kreisverwaltung Coesfeld (Gescher gehörte bis 1974 einschließlich zum Kreis Coesfeld) eine „Besprechung über die Verhältnisse im Schulverband Gescher-Harwick“ statt. An dieser Besprechung nahm als Vertreter der Gescheraner Volksschulen der Rektor der Pankratiusschule, Werner Marx, teil. In dieser Besprechung bezog man sich bereits auf den Erlass des Kultusministers Paul Mikat, der am folgenden Tag, dem 23. Februar, erschien. Er sah die Einführung eines neunten Schuljahres , die Errichtung von Mittelpunktsschulen und überhaupt eine Neuordnung des Volksschulwesens vor. Danach war klar, dass man zusätzlichen Raumbedarf von 18 „Normalklassen“ hatte, der festgestellt und anerkannt wurde. Die Gemeinde bekundete ihre Absicht, sofort mit dem Neubau einer 16-klassigen Volksschule zu beginnen, der auch einen Naturlehreraum, Gruppenräume, eine Begegnungshalle, eine Turnhalle und ein Lehrschwimmbecken aufweisen sollte. Man wollte so bauen, dass eine künftige Erweiterung möglich wurde.

Die Landespolitik änderte sich gravierend.

Es waren (schul-)politisch bewegte Zeiten: Ende 1966 wechselte die Landesregierung. Die CDU/FDP-Koalition von Franz Meyers, die dieser mit einer Stimme Mehrheit nach der Landtagswahl im Juli 1966 gebildet hatte, war schon vor dem Ende des Jahres durch ein Misstrauensvotum abgelöst worden. Der neue Ministerpräsident war Heinz Kühn, Fritz Holthoff, früher Schuldezernent in Duisburg, wurde Kultusminister. Schon zum neuen Schuljahr 1967/68 begann auch im Kreis Coesfeld die Erprobung des von der Planungskommission unter Leitung des jungen Schulpädagogen Professor Dr. Wolfgang Klafki entwickelten Schulversuchs „Hauptschule der weiterführenden Bildung“. Dieser enthielt ein neues pädagogisches und didaktisches Konzept für die Klassen 5 bis 9 der Volksschule. Der Neubau konnte hieran aber nur bedingt angepasst werden, da am 14. September 1967 fristgerecht mit den Bauarbeiten begonnen wurde.Baustelle Hauptschule

Noch während der Bauzeit wurde zum 1. August 1968 die Hauptschule als neue Schulform weiterführender Bildung durch Erlass des Kultusministers vom 18. Juli 1968 eingeführt. In Gescher – wie auch in etlichen anderen Kommunen – konnte man die Umstellung nicht 1968, sondern erst ein Jahr später, zum Schuljahr 1969/70 vollziehen. Die amtliche Schulstatistik sah noch etliche Jahre die Rubrik „noch nicht umorganisierte Volksschulen“ vor.

Grundsteinlegung

Am 13. August 1968 wurde der Grundstein der neuen Schule gelegt, neben anderen Gästen waren Pfarrer Clemens Vehorn von der Pfarrgemeinde St. Pankratius und Amtsbürgermeister Heinrich Hörnemann anwesend. Sie sind auf dem Foto unschwer zu erkennen. Von der evangelischen Kirchengemeinde nahm Pfarrer Steinberg teil.Grundstein Vehorn  Am 1. Juli 1969 wurden in der ersten Phase der kommunalen Neugliederung die Gemeinden Büren, Estern, Gescher, Harwick, Tungerloh-Capellen und Tungerloh-Pröbsting unter Auflösung des Amtes Gescher zur Stadt Gescher zusammengeschlossen. Bis auf die evangelische Volksschule an der Riete waren alle Volksschulen im Amt Gescher katholische Konfessionsschulen.

Schulart: Gemeinschafts- oder Konfessionsschule

Nun sahen die gesetzlichen Regelungen, die am 5. März 1968 vom Landtag verabschiedet wurden, für die Hauptschule im Regelfall den Status einer Gemeinschaftsschule vor. Eine Konfessionsschule war bei einer entsprechenden Wahl durch Eltern aber möglich. Über dieses Thema wurde heftig gestritten. Heinrich Hörnemann, MdB, der nach dem Zusammenschluss zur Stadt zwar nicht mehr Amtsbürgermeister, aber kommissarischer Verwalter der Stadtratsfunktionen war, errichtete dann die neue Hauptschule am 7. Juli 1969 von Amts wegen. Damit war entschieden: Sie wurde Gemeinschaftsschule. Allerdings war das Thema damit noch lange nicht aus der Welt. Rechtlich wäre eine Umwandlung möglich gewesen, wenn nach einem entsprechenden Antrag eine Mehrheit von Erziehungsberechtigten dies gewünscht hätte. Ein solcher Antrag wurde aber nie gestellt. Damit stand die Gemeinschaftshauptschule Gescher in einer Reihe mit der städtischen Realschule: Gymnasien und Realschulen hatten die Wahl nicht, sie waren seither ausnahmslos Gemeinschaftsschulen; weiterführende Konfessionsschulen gab es bei diesen Schulformen nur als Privatschulen.

Pünktlich zum Beginn des Schuljahres 1969/70 war es soweit. Heinrich Hörnemann verkündete Anfang Juli folgenden Beschluss: „Für die Stadt Gescher wird gem. § 8 Abs. 1 des Schulverwaltungsgesetzes … eine Hauptschule errichtet. Die von Amts wegen errichtete Hauptschule soll zu Beginn des neuen Schuljahres 1969/70 in Betrieb genommen werden und 20 Hauptschulklassen umfassen. Die Schule soll zunächst die Bezeichnung -Hauptschule der Stadt Gescher am Borkener Damm- erhalten.“ (Auszug aus der Niederschrift über die Beschlüsse des Beauftragten für die Wahrnehmung der Aufgaben des Rates und des Bürgermeisters der Stadt Gescher vom 7. Juli 1969) Mit Verfügung des Schulamtes für den Kreis Coesfeld vom 28. Juli 1969 wurdeder bisherige Leiter der Pankratiusschule, Rektor Werner Marx, an die neue Schule versetzt und mit ihrer Leitung beauftragt.

Die neue Hauptschule war mit etwa 760 Schülern der Klassen 5 bis 9 eine der größten Schulen dieser Schulform im Münsterland, später in ganz Nordrhein-Westfalen.

Zur Person: Werner Marx

Anlässlich seines Todes am 1. Mai 2010 erschien dieser Nachruf in der Gescherer Zeitung:

Am Abend des 1. Mai verstarb im Alter von 82 Jahren Werner Marx. Vielen Gescheranern ist er als langjähriger Lehrer und Leiter der Pankratiusschule, damals noch eine Volksschule, und der Don-Bosco-Hauptschule bekannt.

1927 in Kolberg geboren, kam er nach den zeittypischen Kriegswirren ins westliche Münsterland. Nach einigen Jahren beruflicher Tätigkeit nahm er 1954 ein Studium an der Pädagogischen Hochschule in Münster auf, das er 1956 mit der Ersten Staatsprüfung für das Lehramt an Volksschulen abschloss. Im Münsterland lernte er auch seine spätere Frau Elisabeth kennen. Nach der Ausbildung trat er eine erste Lehrerstelle an der Landschule Visbeck in der Bauernschaft Dernekamp bei Dülmen an, wo er bis zu seiner Versetzung an die Pankratius-Volksschule in Gescher im Jahre 1964 blieb. Bereits in dieser Zeit engagierte er sich in der Lehrerweiterbildung, in der Personalvertretung und im Lehrerverband.

Viele erinnern sich an die große Schulreform im Jahre 1968, mit der die Volksschule aufgelöst und durch Grund- und Hauptschule ersetzt wurde. Bereits frühzeitig entwickelte Werner Marx Konzepte und Ideen zur Umsetzung der Reform in Gescher. In enger Zusammenarbeit mit dem Schulträger entstand am Borkener Damm eine Schule, die den Aufgaben der neuen Schulform Hauptschule gerecht werden konnte. Diese entwickelte sich in den kommenden Jahren zu einer der größten Nordrhein-Westfalens. Die neue Schulform mit Inhalt zu füllen, bereitete ihm Freude; ungeachtet der Schwierigkeiten, die sich aus der Zusammensetzung des neu gebildeten Kollegiums ergaben, gelang es ihm aufgrund seiner ausgeprägten Integrationskraft, seiner Vorbildfunktion, seiner Verlässlichkeit und Geradlinigkeit wie auch seines Organisationstalentes, dieser Schule ein unverwechselbares Profil zu geben. Seine fachlichen Stärken lagen insbesondere im Unterricht in Mathematik und den Naturwissenschaften. Viele Schülerinnen und Schüler erinnern sich bei Klassentreffen an das hohe fachliche Niveau seines Unterrichts. Die Erfolge seiner Tätigkeit als Lehrer und Schulleiter drückten sich auch darin aus, dass er in die Prüfungsämter für Erste und Zweite Staatsprüfungen ebenso verantwortlich eingebunden war wie in die Ausbildung von Lehramtsstudenten an der Universität in Münster.

1981 wechselte er in den Schulaufsichtsdienst beim Schulamt für den Kreis Coesfeld. Hier widmete er sich unter anderem der Pflege und dem Aufbau des örtlichen Sonderschulwesens. Anfang der neunziger Jahre trat er in den Ruhestand. Er blieb bis zu seinem Tode an schulfachlichen Fragen interessiert. Aufgrund seiner vielfältigen Erfahrung war er immer wieder als fachkundiger Schulexperte gefragt.

Sein umfangreiches Wissen, verbunden mit seinem herausragenden Erinnerungsvermögen, wird allen, die ihm nahestanden, nun nicht mehr zur Verfügung stehen. Kollegen und Schüler trauern mit seiner Familie und werden ihn nicht vergessen.

Das Gründungskollegium

Das Kollegium der neuen Schule setzte sich ganz überwiegend aus Lehrkräften der Pankratiusschule und der Von-Galen-Schule zusammen. Die meisten melden sich freiwillig, andere werden aus dienstlichen Gründen zur Deckung des fächerspezifischen Bedarfs versetzt.

Pankratiusschule

Dr. Anneliese Speckmann, Maria Winkler, Anni Höing, Hannelore Becht, Christa Bilek, Josef Störkmann, Klemens Lembeck, Günter Hillebrand, Herbert Krechting, Klaus Becker, Hermann Vortmann (ab 16. Oktober 1969)

Von-Galen-Schule

Marie-Lusie Reckhard, Hedwig Lietmann, Annette Becker, Georg Bergmann, Theo Walfort

Albert-Schweitzer-Schule

Karin Huskamp

Außerdem

Johanna Bargel aus Kiel, Margarethe Arnold von der Hauptschule Billerbeck, Dorothea Semmelmann (mit 12 Stunden von der Grundschule Hochmoor abgeordnet), Viktor Göllmann (als reaktivierter Pensionär von der Anna-Katharina-Emmerick-Schule in Coesfeld an die Hauptschule in Gescher abgeordnet)

Hausmeister

Berni Gravermann

 

Bernhard Gravermann

Der Start

Wer in den ersten Tagen das Sekretariat mit Frau Rudde oder den Schulleiter suchte, musste sich in einem Provisorium zurechtfinden. Die Verwaltungsräume waren noch nicht fertig, also war die Verwaltung in einem Unterrichtsraum untergebracht – im Klassentrakt I, und damit fast an gleicher Stelle wie in den letzten Jahren ihrer Existenz.

Aber inhaltlich und organisatorisch hatte der Schulleiter gründliche Arbeit geleistet. Er hatte schon im Schuljahr 1968/1969 in den monatlichen Lehrerkonferenzen das Kollegium der Pankratiusschule auf die neuen Sichtweisen und die innovativen Konzepte der Hauptschule aufmerksam gemacht.

Neue Fächer und neue Namen für alte Fächer

Es gab neue Fächer, zum Beispiel Wirtschaftslehre, Technik und Hauswirtschaft, die zusammen den Lernbereich Arbeitslehre bildeten. Während selbst heute noch Vertreter der Wirtschaft das Fach Wirtschaftslehre in den allgemeinbildenden Schulen fordern, wurde es seit 1968 in der Hauptschule unterrichtet. Diese Fächergruppe sollte zum Kern des Auftrags der Hauptschule werden: Vorbereitung auf das Arbeitsleben, auf die Berufswahl und das Wirtschaften privat wie beruflich. Eine Neuigkeit: Die Schülerbetriebspraktika waren Teil dieses Auftrages.

Viele Fächer bekamen neue Namen : Was vorher Naturkunde hieß, wurde zur Biologie; damit wurde nicht nur der Name, sondern auch die Inhalte an die Praxis von Realschule und Gymnasium angepasst. Aus Naturlehre wurden die Fächer Physik und Chemie. Leibeserziehung wurde zu Sport, Rechnen und Raumlehre zu Mathematik und noch mehr.

Leistungs- und Neigungsdifferenzierung

In den Fächern Deutsch, Englisch und Mathematik wurde eine Leistungsdifferenzierung eingeführt: Die Schüler wurden je nach Leistungsfähigkeit in Gruppen eingewiesen – A, B oder C. A war die leistungsstärkste, C die leistungsschwächste. Bald darauf wurden die Gruppen in Englisch und Mathematik auf zwei Stufen, E für Erweiterungskurs und G für Grundkurs, reduziert, in Deutsch wurde die äußere Differenzierung gleich ganz abgeschafft.

Unterrichtsbeginn

Am Montag, dem 25. August 1969 nahm die Hauptschule den Unterrichtsbetrieb auf

  • im neuen Gebäude am Borkener Damm,
  • im alten Gebäude an der Schulstraße (Nr. 13, später Ludgeruskindergarten) und
  • im Pavillon auf dem Schulhof der Von-Galen-Schule (später Musikschule).

Es sind 759 Schüler, davon 381 Jungen und 378 Mädchen. Später wird sich das Verhältnis deutlich verändern, die Hauptschule wird überwiegend zur Schule der Jungen, überall in Deutschland übrigens.

Erstmals nimmt ein Schülerbusverkehr seine Fahrten in Richtung Hochmoor, Estern und Harwick, Büren, Tungerloh-Capellen und Tungerloh-Pröbsting auf.