Eine kleine Geschichte der Don-Bosco-Schule – Teil III (1974 bis 1981)

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Konsolidierung

Neubau Schulzentrum
Blick vom Altbau zum Neubau mit Realschule und  den neuen Teilen der Hauptschule

Der Erweiterungsbau stand, ein Schulzentrum war entstanden mit Realschule, Hauptschule, Lehrschwimmbecken, Turnhalle, Lehrküche, Sprachlabor und Fachräumen für Technik, Biologie, Chemie, Physik und mehr. Nicht zuletzt: Hier entstand der später so genannte Theater- und Konzertsaal der Stadt Gescher mit einer Bühne, einer Garderobe, Beleuchtung und mehr. Zunächst der Saal die Aula des Schulzentrums, faktisch seine Lage aber immer wieder „Aula der Realschule“ genannt.

Der Lehrermangel ließ nach, die ersten Absolventen von Bezirksseminaren wurden nicht mehr unmittelbar nach der Zweiten Staatsprüfung eingestellt, sondern warteten ein halbes Jahr.

Schwindender Lehrermangel

1975 war das Kollegium schon deutlich größer geworden. Die neuen Lehrkräfte trugen dazu bei, dass Lerngruppen kleiner und vielfältige differenzierende Angebote möglich werden konnten.  Marianne Zwingmann wird bald Fachleiterin für Deutsch im Bezirksseminar Coesfeld, Mechthild Gaußelmann für Mathematik. Beide waren an der Hauptschule Gescher Lehramtsanwärterinnen im Ausbildungsjahr 1969/70 gewesen.

Zu den Gründen und Motiven für das Schwinden des Lehrermangels in Grundschulen und Hauptschulen kann man wohl zählen:

  • Die Öffnung der Hauptschule hin zu besseren Abschlüssen wirkte sich positiv auf das Bild des Lehrers aus. Das Lehramt für die Volksschule war zum Lehramt für Grundschule und Hauptschule geworden. In der Ausbildung wählte man einen Stufenschwerpunkt – Grundschule oder Hauptschule. Allerdings konnte es einem passieren, dass man nach der Zweiten Staatsprüfung ausschließlich ein Angebot für die jeweils andere Schulform bekam; so landeten Lehramtsanwärter mit dem Stufenschwerpunkt Grundschule nach der Einstellung reihenweise in Hauptschulen und blieben ein ganzes Berufsleben dort.
  • Die Besoldung war verbessert worden. Sie war innerhalb von zehn Jahren mehrfach angehoben worden und blieb dann bis heute bei A 12. Allerdings: Für die anderen weiterführenden Schulen stieg sie ebenfalls, für Realschullehrer auf A 13, für Studienräte am Gymnasium auf A 13 plus Zulage.
  • Es war die Zeit nach 1968. In den Pädagogischen Hochschulen und in den Bezirksseminaren konnte man eine viel stärkere Politisierung feststellen als noch in den 60-er Jahren. Die 68-er Generation machte sich auf zum „Marsch durch die Institutionen“.

„Am 2. Juli 1974 findet eine Feierstunde zur Entlassung von 202 Schülerinnen und Schülern statt . Die Feierstunde beginnt mit einem ökumenischen Gottesdienst in der Aula der Schule. 20 Schüler erhalten das Zeugnis der Fachoberschulreife, 2 Schülern wird die Eignung für den Besuch der gymnasialen Oberstufe zuerkannt.“

(Geiser, Georg: 1974 bis 1980. In: Zwanzig Jahre Hauptschule in Gescher. 1989. S. 14)

Der Anstieg der Schülerzahlen war noch nicht zu Ende. Erst 1977/78, als 1073 Kinder und Jugendliche die Gemeinschaftshauptschule Gescher besuchten, war der Gipfel erreicht. Sie wurden von 49 Lehrern in 34 Klassen unterrichtet. (Vgl. Website der Don-Bosco-Schule Gescher.) Die Übergangsquoten von der Grundschule zur Hauptschule lagen in der Regel zwischen 60 und 70 Prozent. So kamen auch noch weitere Lehrkräfte an die Schule, zumal mehrere Lehrerinnen zurück an Grundschulen wechselten; sie waren nur wegen ihrer Fähigkeit, Englisch zu unterrichten, an die Hauptschule versetzt worden, strebten jetzt aber wieder an ihre alte Schule zurück.

Der Konrektor Werner Meng verlässt zum 31. Januar 1977 nicht nur die Hauptschule, sondern auch den Schuldienst des Landes Nordrhein-Westfalen und wechselt in den Kirchendienst. Nach einem Jahr wird Klemens Lembeck sein Nachfolger. Dieser wird schon zum Beginn des Schuljahres 1979/80 in die Stelle des Rektors der Owweringschule nach Stadtlohn versetzt. Ihm folgt dann Mechthild Gaußelmann kurz vor Beginn der Osterferien

Fertigstellung von Schulzentrum und Sportzentrum

Das benachbarte Sportzentrum war zeitgleich mit der Schulerweiterung entstanden. Dazu gehörten ein Sportplatz und eine Dreifachturnhalle. Die Einweihung fand am 14. März 1975 statt. Die Einweihung des Schulneubaus folgte am 17. Oktober.

Vorher war die Praxis des Sportunterrichts nur unter erschwerten Bedingungen möglich.

„Sobald das Wetter es zuließ, wanderten die Klassen mit ihren Sportlehrern zum Bolzplatz an der Spinne … . Dort wurden mit Bandmaß und Fahnenstangen Laufstrecken markiert und Wettläufe durchgeführt. Zudem stand der Schlagballweitwurf auf dem Programm. … Vielleicht erinnert sich der ein oder andere noch daran, wie im dicken Schnee an der Spinne Fußball gespielt wurde, damit der Sportunterricht im Winter nicht ausfiel. Vorher hatte man sich in einer nahegelegenen Autogarage umgezogen.“

(Kerkfeld, Resi/Becker, Klaus: Sport an der Hauptschule Gescher – Versuch einer Dokumentation. In: Zwanzig Jahre Hauptschule in Gescher. 1989. S. 38)

Dieses Provisorium wurde weitgehend überflüssig, als Turnhalle und Lehrschwimmbecken fertig waren. Die steigende Schülerzahl forderte dennoch ihren Tribut, so dass der Sportunterricht in etlichen Klassen am Nachmittag stattfinden musste. Endgültig vorbei waren diese anstrengenden Jahre, als auch die neue Dreifachhalle und der  Sportplatz gegenüber dem Schulzentrum fertiggestellt waren.

Sport AZ
Allgemeine Zeitung vom 29. März 1977

 

 

Die sportlichen Aktivitäten waren reichhaltig. Bundesjugendspiele, Landessportfest der Schulen Sportabzeichenerwerb und Partnerschaft mit Haus Hall gehörten zum festen Programm der Schule.

 

 

 

Die Kreiszugehörigkeit wechselte 1975.

Die kommunale Neuordnung der Kreise und kreisfreien Städte betraf Gescher sehr. Die kleine Stadt war bis Ende 1974 Teil des Kreises Coesfeld und wurde ab Anfang 1975 dem Kreis Borken zugeschlagen. Das führte dazu, dass nunmehr das Schulamt für den Kreis Borken für die Hauptschule in Gescher die zuständige untere Schulaufsicht wurde. Rektor Marx, die Schule insgesamt und auch der Schulträger mussten nun mit ganz anderen Personen als Schulräte und Schulamtsdirektoren auskommen, mussten manche Praxis umstellen und sich mit neuen Routinen vertraut machen.

Ein neuer Name: Don-Bosco-Schule

Erster Durchgang

Eine kleine Zeitreise: Ende der 70-er, Anfang der 80-er Jahre ist ein lebensälterer Priester, Karl Bayer, Kaplan in Gescher (später Pfarrer in Oeding). Er vertritt die beiden katholischen Pfarrgemeinden Geschers im Schulausschuss. Wodurch auch immer ausgelöst – er widmet sich einem seit zehn Jahren nicht gelösten Problem, der Namensgebung der Gemeinschaftshauptschule der Stadt Gescher. Schon 1976 hat diese Schule, einzige Hauptschule in Gescher und eine der größten des Landes NRW, einen Antrag an die Stadt gerichtet, ihr doch bitteschön einen Namen zu geben, zum Beispiel Hamaland-, Freiherr-vom-Stein-, Don-Bosco-, August-Wessing- oder Heinrich-Hörnemann-Schule. Auf Wunsch des Schulausschusses vom 2. November 1977 (!) wird das Lehrerkollegium ebenso wie die Schülermitverwaltung in die Namensberatung einbezogen. Die Schülervertretung votiert für Don-Bosco-Schule, die Lehrervertretung setzt den Heiligen im Mittelfeld auf den dritten Platz.

Dies teilt der Schulleiter am 16. Januar 1978 mit; schon ein Jahr später, am 30. Januar 1979, wird das Thema im Schulausschuss behandelt, obwohl die Verwaltung aus verschiedenen Gründen nicht dafür ist. Kaplan Bayer, beratendes Mitglied, formuliert nun das Votum der Schülerschaft als Antrag. Mit 6 Ja-, 2 Neinstimmen und einer Enthaltung beschließt der Schulausschuss, dem Rat zu empfehlen, die Gemeinschaftshauptschule Don-Bosco-Schule zu nennen. Im Hauptausschuss schon können sich die Fraktionen nicht einigen und setzen den Prozess aus. Karl Bayer schreibt dazu:

„Eine […] SPD-Abgeordnete lässt die Katze aus dem Sack: Ein interfraktionelles Abkommen setzt das Verfahren aus. Man befürchte wegen eines katholischen Schulnamens zum gegenwärtigen Zeitpunkt Verluste in der Wählergunst. Mit vorgehaltener Hand wird aus der CDU-Fraktion dies bestätigt: Eine Schultaufe sei derzeit politisch hochexplosiv.“

Zweiter Durchgang

Die Leitung der Hauptschule wendet sich im Mai 1980 an den Rat mit der Bitte, „unverzüglich über die Namensgebung zu entscheiden.“ Mit Schreiben vom 8. Juli 1980 stellt Kaplan Bayer erneut einen Antrag auf Namensgebung zur „Don-Bosco-Schule“, diesmal an den Rat gerichtet, der alles auf Anfang stellt. Ein Bürgerantrag plädiert für „Geschwister-Scholl-Schule“.

Es geht also beim Schulausschuss wieder los. Der spricht sich mit 6 Ja-, 4 Neinstimmen und einer Enthaltung für den Namen „Don-Bosco-Schule“ aus. Ohne weitere Verzögerung geht es jetzt in den Hauptausschuss. Dort stimmt die CDU-Fraktion mit 6 Stimmen für den Antrag, SPD und FDP stimmen mit zusammen 3 Stimmen dagegen, der Zentrumsabgeordnete enthält sich der Stimme. Die CDU verweist auf Eltern- und Schülerwillen, die SPD hält den Pflichtnamen „Gemeinschaftsschule Gescher“ für angemessen, da er die Interessen aller Konfessionen berücksichtige; der Fraktionsvorsitzende der FDP meint, nach Don Bosco könne man ein Kloster, aber keine Schule benennen.

Vor der Ratssitzung erscheinen Leserbriefe aus CDU, SPD und FDP, von den beiden Letzteren gegen die Umbenennung in „Don-Bosco-Schule“.  Unter anderem wird wieder auf die „Gemeinschafts“-Funktion der Gemeinschaftsschule hingewiesen. Im Rat wird die Diskussion kontrovers weitergeführt. Mit den Stimmen der CDU, gegen 12 Nein-Stimmen bei einer Enthaltung, passiert Bayers Antrag am 29. Oktober 1980 den Rat. Am 31. Oktober schreibt die Gescherer Zeitung: „Nach kontroverser Diskussion: ‚Don-Bosco-Schule‘“.

Ganz zu Ende ist die Angelegenheit damit noch nicht. Mit über 40 Unterschriften erreicht ein Bürgerantrag den Bürgermeister, den Beschluss vom 29. Oktober zu überdenken. Der Name Don Boscos betone eine einseitige Ausrichtung des katholischen Bildungswillens. Mit dem gleichen Stimmenverhältnis wie beim Antrag Bayers weist der Hauptausschuss eine erneute Behandlung des Themas ab. Dem folgt auch der Rat im Januar 1981.

Von der Realschule war in dem ganzen Zusammenhang fast nie die Rede. Sie blieb die Städtische Realschule Gescher.

Karnevalshochburg Gescher

Und dann war da noch der Karnevalsumzug 1981: Das Kollegium der Schule fährt auf einem Wagen mit, der die Aufschrift trägt:

Von hoher Stelle ruft ein Bayer:
„Den Geist der Schule ich erneuer.“
Die Schule hat nun einen Namen.
Don-Bosco heißt sie: Amen! Amen!

Das war nun wirklich der Schlusspunkt.

Werner Marx wird Schulrat in Coesfeld

1981, kurz nach den Sommerferien, erhielt Rektor Marx die Nachricht, dass er in eine Schulratstelle am Schulamt für den Kreis Coesfeld abgeordnet werde. Er informierte mich darüber, als wir uns zufällig trafen – zwei Tage vor meinem Start als Leiter der Ludgerus-Hauptschule in Rhede. Damit war die Rektorstelle in Gescher – wegen Sparmaßnahmen des Landes erst nach einem Jahr –  zum Schuljahresbeginn 1982/83 neu zu besetzen.

Davon mehr im Teil IV dieser Serie.