Eine kleine Geschichte der Don-Bosco-Schule – Teil IV (1981 bis 1990)

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Wachablösung

Die Don-Bosco-Schule hat das Glück gehabt, dass in den letztlich 49 Jahren ihres Bestehens nur drei Schulleiter an ihrer Spitze standen – sieht man von der kommissarischen Leitung durch Konrektorin Mechthild Gaußelmann (1981 bis 1982) und Gesamtschuldirektor Bernhard Manemann-Kallabis (2016 bis 2018) ab.

1981 also, mit Beginn des neuen Schuljahres, wechselte Werner Marx, der „Gründungsrektor“, ins Schulamt für den Kreis Coesfeld und übernahm als Schulrat die Aufsicht über Grund- und Hauptschulen im östlichen Teil des Kreises, dazu über alle Sonderschulen, soweit sie dem Schulamt für den Kreis Coesfeld unterstanden. Und ich startete in Rhede in demselben Monat als Leiter der Ludgerusschule, ziemlich genau dreißig Kilometer von Gescher entfernt.

Natürlich fragte man mich immer wieder nach meinen Absichten, ob ich mich denn nun nicht an meinem Wohnort bewerben wolle. Nein, antwortete ich immer, ich kann nicht nach so kurzer Zeit wechseln. Mit der Zeit nagten Zweifel in mir, und als der Schulrat, der für Rhede und Gescher zuständig war, ebenso wie die anderen fragte, beschloss ich, diesem Hinweis zu folgen. Als in der Allgemeinen Zeitung die Ausschreibung erschien, bewarb ich mich. Die Schülerzahl lag zu diesem Zeitpunkt knapp unter 1.000. Am Ende des Schuljahres konnte die Wahl durch den Schulträger  erfolgen, bei der ich einer von drei Bewerbern war. Nach Anhörungen im Schulausschuss und im Stadtrat wurde ich gewählt. In Rhede war man davon nicht erbaut.

Mit dem Beginn des Schuljahres 1982/83 übernahm ich die Leitung der Don-Bosco-Schule: 32 Klassen mit etwa 50 Lehrkräften (nicht Stellen, sondern Personen).  Die offizielle Einführung erfolgte einige Monate später.Einführung MZ 2 (5)Die Konrektorin Mechthild Gaußelmann hatte die Schule in dem Jahr der Vakanz geleitet. Von ihr übernahm ich die lebendige und gut funktionierende Schule, die Marx aufgebaut hatte.

Sinkende Schülerzahlen

Gleich zu Beginn des Jahrzehntes konnte man erkennen, dass die Schülerzahlen in Bewegung gerieten. Zunächst 1981 und 1983 erhielten wir noch über 50 % der Schüler eines vierten Jahrgangs, während der 80-er Jahre gingen die Zahlen jedoch deutlich und zügig zurück: Die absoluten Zahlen sanken bis 1989 auf etwa 480, die Übergangsquoten lagen bei 39 %, 1988 waren es sogar nur 35 % gewesen. Zwar gab es immer noch einige Schulformwechsler vom Gymnasium und von der Realschule, aber dieser Zufluss wurde schmaler.

Im Wesentlichen gab es zwei Ursachen:

  • Der demographische Wandel, der sich nicht zuletzt durch den „Pillenknick“ ergab, hatte ein Absinken der Schülerzahlen in allen Schulformen zur Folge. Das führte zu einem Rückgang der Lehrerstellen, damit zu Lehrerüberschuss an vielen Schulen und unter den potenziellen Berufsanfängern zu Arbeitslosigkeit einerseits und Arbeitssuche in fremden Berufen andererseits.
  • Der zweite Grund war das veränderte Wahlverhalten von Eltern; sie folgten dem Slogan: Schickt eure Kinder länger auf bessere Schulen. Und als bessere Schulen sahen sie Gymnasien und Realschulen, möglichst den Weg zum Abitur.

    Übergangsquoten 1981 bis 1989
    Mit diesen Übergangsquoten lag Gescher weit über dem Landesdurchschnitt. Städte wie Münster näherten sich der 10-%-Marke.

Mit Beginn des Schuljahres 1980/81 hatte Nordrhein-Westfalen die zehnjährige Vollzeitschulpflicht eingeführt, die nach einer Übergangsphase an einer allgemeinbildenden Schule erfüllt werden musste. Damit blieben nicht nur die Schüler in der zehnten Klasse, die die Mittlere Reife an der Hauptschule anstrebten (Klasse 10 Typ B), sondern auch diejenigen, die nach dem regulären Hauptschulabschluss nach Klasse 9 nun noch ein weiteres Jahr ableisten mussten. Am Ende dieser Klasse (10 Typ A) winkte der Sekundarabschluss I, der sich aber als Berechtigung für die weitere Schul- oder Ausbildungslaufbahn als nur wenig relevant zeigte. Selbst in Gescher gab es Firmen, die in der zweiten Hälfte des Jahrzehnts auch für handwerkliche Berufe nur Auszubildende mit dem Abschluss der 10 B einstellten, also mit der Mittleren Reife.

Immerhin wurden alle Schüler durch die neue Regelung ein weiteres Jahr vom übervollen Lehrstellenmarkt abgehalten, auf dem ohnehin viele Absolventen keine Ausbildungsstelle erhielten, und auf dem ebenfalls überfüllten Arbeitsmarkt für Lehrer erhielten durch die Schulzeitverlängerung noch einige eine Chance auf eine Stelle, die sonst auch arbeitslos gewesen wären.

Hohes Ansehen der Schule im Bezirk

Die Don-Bosco-Schule war nicht nur in der Stadt Gescher, sondern auch darüber hinaus angesehen. Im Kreis Borken und ebenso im Regierungsbezirk Münster waren Lehrkräfte der Schule gefragt; sie wurden etwa für Fortbildungsveranstaltungen eingesetzt, zum Beispiel in den Neuen Technologien, in Wirtschaftslehre und Berufsvorbereitung, in Mathematik und Deutsch, um nur einige Themenfelder zu nennen. Als es gegen Ende des Jahrzehnts im Land Nordrhein-Westfalen neue Richtlinien und Lehrpläne für die Hauptschule gab, wurden etliche Lehrkräfte der Schule als Moderatoren beauftragt, anderen Kollegien und deren Fachkonferenzen die neuen Texte zu vermitteln und schulbezogen umzusetzen.

Mehrere Lehrkräfte gingen als Schulleiter oder Konrektoren in die Leitung anderer Schulen: Mechthild Gaußelmann zunächst nach Weseke, später nach Billerbeck, Herbert Krechting als Konrektor nach Velen, danach als Rektor nach Heiden, Norbert Wübken als Konrektor nach Ahaus, später in dieser Funktion zurück an die Don-Bosco-Schule. Norbert Wübken, Herbert Krechting, Marianne Körting und Mechthild Gaußelmann  waren auch zeitweise als Fachleiter in der Lehrerausbildung tätig – Wübken für das Fach Wirtschaftslehre, Krechting für Kunst, Körting für Deutsch und Gaußelmann für Mathematik. Auch als Ausbildungsschule der Studienseminare war die Schule geschätzt.

Nach einer Projektwoche, die die Schule 1987 durchführte, wurde ein Bericht über Planung, Durchführung und Auswertung in einer angesehenen Fachzeitschrift veröffentlicht.

Der Computer hält Einzug in die Schule.

Computer für den Unterricht

Es war die Zeit des C 64, des kleinen Rechners von Commodore. 1983 absolvierte ich einen Lehrgang im Programmieren, eine Fähigkeit, für die sich auch andere Kollegen interessierten. Ich richtete mit privaten Rechnern einen Lehrgang ein, an dem etwa zehn Lehrkräfte der Schule teilnahmen. Der Schulausschuss der Stadt genehmigte das Geld für den Ankauf von Rechnern für den Unterricht in beiden Schulen des Schulzentrums, die Realschule wählte Apple-Rechner, die Hauptschule den Commodore 64. Wir richteten mit unseren Rechnern einen Raum im Erweiterungsbau ein, der für einen Unterricht im Programmieren geeignet war; im Wahlpflichtunterricht der zehnten Klassen programmierte ich mit Schülern einfache Spiele, zeichnete und malte in der Projektwoche mit ihnen und so legte unsere Schule als eine der ersten Hauptschulen im Kreis Borken den Grundstock für eine Innovation, deren Ausmaß wir noch gar nicht einschätzen konnten

Computer Schule
Eine Meldung der Gescherer Zeitung vom 21. Juni 1984
Rechner für die Schulverwaltung

Als ich in die Don-Bosco-Schule kam, hatte ich noch nie einen Stundenplan zu verantworten, geschweige denn zu erstellen – ich war ja fast ein Jahrzehnt in der Lehrerausbildung gewesen, zwar Konrektor als ständiger Vertreter des Leiters eines Bezirksseminars wie dort meine Amtsbezeichnung lautete, aber nie an einer Schule. Und in Rhede hatte sich der Konrektor darum gekümmert. Also setzte ich mich 1983 an meinen ersten richtigen Stundenplan der großen Schule: 100 Stunden brauchte ich dafür, drei Wochen in den großen Ferien. Und als ich fertig war, das ganze Ding an der großen Magnettafel im Sekretariat an der Wand gesetzt war, kam mein elfjähriger Sohn, um mich zum Abendessen zu holen. Er blickte auf den Plan, zeigte auf eine Stelle und sagte: „Hier hast du einen Lehrer in zwei Klassen gleichzeitig eingesetzt.“ Er hatte recht, ich musste noch mal ran.

Angesichts dieses Aufwands suchte ich nach Möglichkeiten, den Stundenplan mit einem Rechner zu erstellen. Ich fand nach langem Suchen eine kostengünstige Software, die ich allerdings noch für meine Schule umprogrammieren musste, auch das kostete Zeit – funktionierte aber irgendwann zuverlässig. Nach wenigen Jahren kamen die Personal Computer von IBM und anderen Firmen auf den Markt, die ganz andere Möglichkeiten boten. Das Land legte eine eigene Software-Lösung für das Erstellen von Stundenplänen auf, das legendäre Stupas. Später wurde dieses Programm um die Möglichkeit ergänzt, die Schülerdaten zu erfassen und zu verwalten, letztlich auch Zeugnisse damit zu drucken. Noch einige Jahre später stellte das Land NRW den Schulen Rechner und Programme zur Verfügung, die es ermöglichten, die großen Statistik-Abfragen im Herbst und im Frühjahr über eine Internetverbindung mit den Schulverwaltungsprogrammen zu bedienen. Die Zeit der vielen Seiten Computer-Endlospapier mit Original plus drei Durchschriften waren dann endgültig vorbei.

Fünf-Tage-Woche an Schulen

Früher gingen die Kinder samstags wie an jedem anderen Werktag in die Schule, wenn auch der Unterricht in der Regel nach der vierten Stunde endete. Dann kamen gesellschaftliche Änderungen: Viele Eltern hatten samstags frei, die Familie hätte etwas gemeinsam unternehmen können, wenn nicht die Kinder zum Unterricht gemusst hätten. Das Problem: Die Zahl der Wochenstunden lag in der Regel zwischen 30 und 32. Und die Hauptschule war eine Halbtagsschule; auf den Nachmittag auszuweichen, war nicht möglich, auch wegen des Schulbusverkehrs. 32 Stunden auf fünf Vormittage zu je sechs Unterrichtsstunden zu verteilen ging nicht; also regelte ein Erlass, dass ein oder zwei Samstage frei sein konnten, allerdings mussten dann die ausfallenden Stunden an den anderen Samstagen nachgeholt werden.

Auch Lehrer hatten ein Interesse an den freien Wochenenden. Waren die sechsten Unterrichststunden bislang eher unbeliebt gewesen,  gewannen sie im Laufe der Diskussion um ein freies Wochenende – oder gar um zwei – an Sympathie. Und so kam es auch an der Don-Bosco-Schule: Auf Initiative der Lehrerkonferenz wurde zweimal das aufwendige Verfahren in Gang gesetzt, zunächst für einen, dann für zwei freie Samstage im Monat. Letztlich mit Erfolg.

EBA = Erweitertes Bildungsangebot

Die Schülerzahlen in den Hauptschulen sanken, aber die beamteten Lehrer waren nun einmal da. Daher erfand das Land NRW das Erweiterte Bildungsangebot. Nachmittags konnte zusätzlicher Unterricht stattfinden, in dem es zum Beispiel um sportliche, künstlerische oder musikalische Aktivitäten ging. Die Schulen konnten die Ressourcen hierfür beantragen, benötigten aber die Zustimmung des Schulträgers, denn die Gebäude mussten nun auch nachmittags beheizt und beleuchtet  und der Schulbusverkehr um Nachmittagsfahrten erweitert werden.

EBA Bootsbau (2)
Im Erweiterten Bildungsangebot wurde unter Leitung des Lehrers Josef Wilmer dieses Boot tatsächlich gebaut.

Das war ein Schritt in Richtung offene Ganztagsschule, und dazu ein sinnvoller. Die Stadt Gescher als Schulträger stimmte zu, auf Stadtdirektor Dr. Schulz-Gadow, den Ersten Beigeordneten Lührmann und Hauptamtsleiter Mayrberger war in dieser Hinsicht Verlass. Sie hatten große Sympathie für ihre Hauptschule.

Wechsel in der stellvertretenden Schulleitung

1986, im Oktober, verließ die Konrektorin Mechthild Gaußelmann die Schule und wurde Leiterin der Ludgerischule in Borken-Weseke. Bis zum Amtsantritt des neuen Konrektors Michael Roters im Mai 1987 erfüllte Lehrer Georg Bergmann kommissarisch die Aufgaben des stellvertretenden Schulleiters.

Schulleiter Vortmann geht in die Schulaufsicht.

Am 2. Mai 1990 trat ich meinen Dienst als Schulrat im Schulamt für den Kreis Warendorf an. Zwar war in Borken auch eine solche Stelle frei, und ich hatte mich auch dort beworben, aber das Land legte Wert darauf, dass niemand in seinem bisherigen Bezirk Schulaufsichtsbeamter wurde. Also wurde der Rektor der Clemensschule in Telgte, Karl Prinz, nach Borken, der Rektor der Don-Bosco-Schule in Gescher nach Warendorf versetzt. Später wurde dieses Prinzip abgeschafft.

Verabschiedung Vo 1989 (2)
Schulinterne Verabschiedung am 8. Mai 1990

Nach beamten- und haushaltsrechtlichen Vorgaben konnte die Rektorstelle nicht sofort wieder besetzt werden, aber Anfang 1991 wurde die Stelle ausgeschrieben. Wie man sehen kann, ging man von 486 Schülern in 20 Klassen aus. (Zu meinem Dienstantritt waren es ziemlich genau doppelt so viele Schüler und etwa anderthalbmal so viele Klassen.) Die Übergangsquote aus den Grundschulen zur Hauptschule in Gescher lag 1989 bei 39 Prozent gegenüber 55 Prozent ein Jahr nach meinem Dienstantritt; im Land NRW lag sie 1989 nur noch bei 25, in Städten wie Münster bei 12 Prozent.

Ausschreibung Rektor 1991 (3)
Ausschreibung der Rektorstelle am 5. Januar 1991