1960: Konflikt um die Schulart der Volksschule „Auf dem Hochmoor“
Können Sie sich vorstellen, dass über die Schule Auf dem Hochmoor ausführlich im SPIEGEL berichtet wurde? Doch, und das war so: Am 6. September 1961 schrieb dieses Nachrichtenmagazin unter der Überschrift „Der Teufel in St. Anna“:
Die Anhänger der christlichen Gemeinschaftsschule sind Handlanger des Teufels. Diese Behauptung stellte ein Beamter Nordrhein-Westfalens auf: der Geistliche Studienrat Dr. Bernhard Bendfeld vom staatlichen Hittorf-Gymnasium in Münster. Und ein anderer Landesbeamter, der Leitende Oberstaatsanwalt Dr. Sommer vom Landgericht Münster, hält die Definition des Studienrats für „ein angemessenes Mittel zur Erreichung des (von Bendfeld) angestrebten Zwecks“.

Foto: Erste Volksschule in Hochmoor (nach 1912), Stadtarchiv Gescher
Was war passiert? Die Schule in Hochmoor, errichtet im Jahr 1912, war 1960 eine katholische Bekenntnisschule. Auf der Website des Heimatvereins Hochmoor lesen wir:
Durch den Einzug der Torfindustrie in unserem Moor fanden auch die Siedler manche Arbeitsgelegenheit. Sie oder ihre Söhne fanden Arbeit beim Torfwerk. Das verdiente Geld konnte zur Vergrößerung oder Intensivierung der bäuerlichen Betriebe verwendet werden.
http://www.heimatverein.in-hochmoor.de; (aufgerufen am 20.05.2019, Rechtschreibfehler vom Verf. korrigiert)
Bis 1912 schickten die Siedler ihre Kinder nach Velen in die Volksschule. Als nun 14 neue Werkswohnungen mit holländischen Torfarbeiterfamilien belegt wurden, beschloss man in Gescher den Bau einer eigenen Schule.
Der Schulbau wurde im Jahre 1911 ausgeführt. Der Schulbetrieb nahm am 12. April 1912 seinen Anfang. 65 Kinder besuchten die Schule. Die Schule erhielt die Bezeichnung „Auf dem Hochmoor“.
Über die Schulart (also, ob die Schule eine Konfessions- oder Gemeinschaftsschule war) steht auf dieser Website des Heimatvereins Hochmoor nichts. Auch nicht über den Konflikt, der sich später darum rankte. Willi Wiemold berichtet allerdings in einem Buch darüber (Gescher im 20. Jahrhundert. Die Jahre 1961 bis 1970 in Bildern und Berichten. Eigenverlag Willi Wiemold, Gescher 2006 ).
Hochmoor gehörte 1960 zur Gemeinde Tungerloh-Pröbsting im Amt Gescher, das sich im Jahr 1969 zur Stadt Gescher zusammenschloss. So gab es hier einerseits die Landwirte in der Bauernschaft Pröbsting, überwiegend, wenn nicht ausschließlich, katholisch, und andererseits die Arbeiter im Torfwerk und in anderen Unternehmen in Hochmoor, die in nennenswerter Anzahl protestantisch waren Nach Wiemolds Bericht war 1960 das Zahlenverhältnis in Hochmoor 64 % Katholiken zu 36 % Protestanten.
Als 84 Eltern in diesem Jahr 1960 die Umwandlung der katholischen Bekenntnisschule in eine Gemeinschaftsschule beantragten, darunter auch viele Katholiken, wies die Verwaltung das Ergebnis aus formalen Gründen zurück. Bei einer formgerechten Wiederholung blieb es bei der notwendigen Stimmenzahl. Bei einer Versammlung innerhalb der Schule warb der katholische Velener Pfarrer für die Bekenntnisschule, was die Bezirksregierung auf Initiative der Schulpflegschaft rügte, weil gegen die Pflicht zur Neutralität verstoßen worden sei. Bei der konkreten Anmeldung von Kindern zur Gemeinschaftsschule wurde allerdings das erforderliche Quorum von 75 % nicht erreicht, obwohl 41 Kinder für diese Schulart und nur 36 für die Konfessionsschule angemeldet worden waren; wegen der erwähnten Rüge musste das Verfahren wiederholt werden. Nun wurde Dr. Bernhard Bendfeld, ein geborener Tungerloher, auf Veranlassung der Bistumsleitung in Münster aktiv. Er war Geistlicher Studienrat am Hittorf-Gymnasium in Münster.
Bendfeld verfasste ein Flugblatt, in dem er in Hochmoor den Teufel am Werk sah: „Der Teufel muss in St. Anna seine erste Schlacht verlieren.“ (St. Anna steht hier als Bezeichnung der katholischen Gemeinde in Hochmoor.) Und weiter: Die Anhänger der Gemeinschaftsschule seien „ehemalige Kommunisten und Nazis“, die gewünschte Schule eine „Mischmaschschule“, zitiert der SPIEGEL aus dem Flugblatt.
Der Geistliche Studienrat bedrohte seine Landsleute überdies mit der Exkommunikation und sogar mit dem Tod: „Oft läßt Gott einen dieser Glaubensleugner kurz danach sterben.“
SPIEGEL vom 6. September 1961 und Wiemold, a. a. O., S. 234
Bendfelds Papier schaffte es bis in den Landtag und in die Staatsanwaltschaft. Die landesweite Aufmerksamkeit war ihm sicher. Der Kultusminister sah von einem Disziplinarverfahren ab, ließ Bendfeld aber darauf hinweisen, „daß er bei seinem weiteren Auftreten in der Öffentlichkeit die für den Beamten als Diener des ganzen Volkes gebotene Mäßigung und Zurückhaltung wahren muß.“ Und der Oberstaatsanwalt stellte das Verfahren, wie eingangs beschrieben, ein.
Bei einer zweiten Anmelderunde wurden die nötigen 75 % wieder nicht erreicht, weil die Anhänger der Gemeinschaftsschule sie boykottierten und nunmehr den Antrag auf Errichtung einer Gemeinschaftsschule, nicht mehr auf Umwandlung der Konfessionsschule, stellten. Hierfür waren nur 40 Anmeldungen erforderlich. Es waren letztlich 45 Anmeldungen, von denen der Oberkreisdirektor aber nur 37 anerkannte; so blieb alles beim alten. Der Rat vertröstete auf eine vielleicht mögliche evangelische Schule, 1964 kam zumindest eine evangelische Lehrerin an die Schule „Auf dem Hochmoor“.
Die Konfessionsschulen im 20. Jahrhundert
Bis 1919 war vorgesehen, dass Schüler die jeweilige Bekenntnisschule besuchten und von Lehrkräften ihrer Konfession unterrichtet werden. Die Verfassung von Weimar sah nach 1919 vor, dass alle Schüler eine gemeinsame Grundschule, eine Schule für alle, besuchen sollten. Das bezog sich auf den sozialen Status – Kinder von Adeligen konnten jetzt nicht mehr von anderen Kindern abgesondert eine Prinzenerziehung genießen – und auch auf die Konfession. Die christliche Gemeinschaftsschule genoss in der damaligen Verfassung Vorrang, Konfessionsschule existierten allerdings weiterhin.
Die Schulpolitik hatte schon in der Zeit der Weimarer Republik einige Veränderungen erfahren, aber während des Dritten Reiches wurde eine tiefgreifende Umstrukturierung vorgenommen. Das gesamte Schulwesen geriet nach der Machtergreifung Hitlers zunehmend in den Bann von ideologischen Einflüssen. Das betraf nicht nur die Unterrichtsinhalte, sondern auch Personal und Organisation. Konflikte mit anderen Institutionen, auch und gerade mit kirchlichen, waren unvermeidbar, denn für sie war das Schulwesen auch ein wichtiger Bestandteil ihrer Arbeit.
Obwohl es wenige Monate nach der „Machtergreifung“ 1933 zu einem Konkordat zwischen Deutschem Reich und Heiligem Stuhl kam, das in Artikel 23 garantierte: „Die Beibehaltung und Neueinrichtung katholischer Bekenntnisschulen bleibt gewährleistet“, hielt Hitler sich nicht an diese Zusage. Ganz überwiegend wurden in den nächsten Jahren bestehende Konfessionsschulen in Gemeinschaftsschulen – anderorts auch Simultanschulen genannt – umgewandelt.
Nach dem Ende des Krieges wurden in der „alten“ Bundesrepublik im Laufe der Jahre die Bekenntnisschulen abgeschafft, nur in Niedersachsen und Nordrhein-Westfalen sind sie bis heute auch in öffentlicher Trägerschaft möglich.
In Nordrhein-Westfalen gab es in den fünfziger und sechziger Jahren die Bekenntnisschulen im Bereich des staatlichen Schulwesens ausschließlich in der Schulform Volksschule. Mittelschulen – später umbenannt in Realschulen – und Gymnasien waren nicht nach Konfessionen gegliedert. Die Landesverfassung von Nordrhein-Westfalen wies seit 1949 die Schularten Bekenntnisschule, Gemeinschaftsschule und Weltanschauungsschule aus. Bekenntnisschulen waren für Schüler einer bestimmten Konfession gedacht, Gemeinschaftsschulen waren offen für Schüler verschiedener Konfessionen wie Weltanschauungsschulen für Anhänger einer bestimmten Weltanschauung eingeführt. Bis zur Schulreform 1968 gab es auch für Volksschullehrer ein Lehramtsstudium an konfessionellen Pädagogischen Hochschulen. In Münster gab es zum Beispiel die (katholische) PH Münster I und die (evangelische) PH Münster II.
Eine zweite Volksschule in Gescher
In der damaligen Gemeinde Gescher gab es bis 1938 lange Zeit nur eine Volksschule, die spätere Pankratiusschule, vorher Hindenburgschule; 1938 wurde die heutige Von-Galen-Schule als zweite Schule errichtet.
Als 1954 eine zweite Kirche gebaut und eingeweiht wurde und auch eine zweite katholische Kirchengemeinde entstand, wurden im Jahr 1956 die Gescheraner Kinder aus dem Gebiet der Pfarrei St. Pankratius der Pankratiusschule, die aus dem Gebiet der Pfarrei Mariä Himmelfahrt der Von-Galen-Schule zugewiesen. Beide Schulen waren katholische Bekenntnisschulen.
Diese Konstruktion ermöglichte eine enge Zusammenarbeit zwischen Schule und Kirchengemeinde. Kaplan oder Pfarrer kamen zu verschiedenen Anlässen in die Schule, Lehrer engagierten sich in der Gemeinde – als Organist, als Chorleiter, in den Verbänden und mehr. Ein Geistlicher erteilte Katechismusunterricht, er engagierte sich in der katholischen Schule bei der Sakramentenkatechese (Erstbeichte, Erstkommunion) und feierte Messen als „Schulmessen“. Schule und Kirchengemeinde existierten in einem geographisch weitgehend identischen Sozialraum.
Bei Prozessionen war es selbstverständlich, dass Schulkinder und Lehrpersonen sich engagierten; Kommunionkinder nahmen an der Fronleichnamsprozession geschlossen teil. Betstunden – „vierzigstündiges“ und „ewiges“ Gebet – sahen in dem jeweiligen Zeitplan auch Stunden für die Kinder verschiedener Klassenstufen vor.
In den meisten anderen Gemeinden des Amtes Gescher gab es kleine Volksschulen, sogenannte wenig gegliederte Schulen. Alle waren Bekenntnisschulen, und auch hier gab es die Zuordnung zu einer der beiden Pfarrgemeinden.
Neubau einer evangelischen Volksschule in Gescher
Lange Zeit spielte die Frage Bekenntnisschule oder Gemeinschaftsschule in Gescher keine oder höchstens eine geringe Rolle. Solange es nur wenige evangelische Schüler gab, wurden diese in die katholischen Schulen aufgenommen. Erst spät gab es für sie evangelischen Religionsunterricht. Ein evangelischer Lehrer wurde für diese Stunden an die katholischen Schulen abgeordnet.
Das Anwachsen der evangelischen Gemeinde nach dem Ende des Krieges wurde vor allem durch die zugezogenen Flüchtlinge und Vertriebenen verursacht, so dass die Errichtung und danach auch der Bau einer eigenen Schule anstand.
In der Nachkriegszeit sind viele Auswanderer aus den deutschen Ostgebieten evangelischen Bekenntnisses nach Gescher gekommen. Solange die Kinder noch von einem Lehrer unterrichtet werden konnten, war ihnen ein Raum in der von Galen-Schule und später die Schule in Tung.-Schildarp zur Verfügung gestellt worden. 1955 erhielten sie ihr eigenes dreiklassiges Schulgebäude, in dem heute [1966; HV] 93 Kinder unterrichtet werden.
Hüer, Hans: Gescher in Vergangenheit und Gegenwart. Herausgegeben von der Amtsverwaltung Gescher 1967. S. 106 (Rechtschreibung des Originals wurde übernommen)
1968: Die Aufteilung der Volksschule in Grund- und Hauptschule
Mit der Schulreform 1968 war das Ende der alten achtstufigen Volksschule eingeläutet. Die Volksschuloberstufe von Klasse 5 bis 9, später bis 10, wurde als Hauptschule eine „weiterführende Schule“, die im Regelfall als Gemeinschaftsschule errichtet wurde, während in der Grundschule die bisherigen Bekenntnisschulen weiterhin vorherrschten. Kleinere Schulen, besonders die wenig gegliederten, die keinen „geordneten Schulbetrieb“ gewährleisteten, mussten schließen, so auch alle Bauernschaftsschulen in den Gemeinden des Amtes Gescher und die evangelische Volksschule an der Riete.
Es gab eine kurze Auseinandersetzung über die Schulart der neuen Hauptschule am Borkener Damm, von der Wiemold in seinem bereits erwähnten Buch berichtet. Demnach gab es Stimmen, eine katholische Hauptschule zu errichten und die evangelischen Schüler auf einen Schulbesuch in der damaligen Kreisstadt Coesfeld zu verweisen. Eine Lehrerin der Pankratiusschule, CDU-Ratsfrau, zitierte eine Stimme aus ihrer Fraktion, dass man „die letzte Oma in Estern“ für den Erhalt der Konfessionsschule mobilisieren wolle. Dazu kam es dank des Bürgermeisters Heinrich Hörnemann nicht. Er setzte 1969 durch, dass die Hauptschule am Borkener Damm Gemeinschaftsschule wurde , die drei Grundschulen in Hochmoor und Gescher als Reste der früheren Volksschulen am jeweiligen Standort katholische Konfessionsschulen blieben. Von da an gab es keine evangelische Schule mehr in Gescher. Evangelische Grundschüler besuchten in Übereinstimmung mit dem geltenden Schulrecht die katholischen Bekenntnisschulen.
2014: Umwandlung der Pankratiusschule in eine Gemeinschaftsschule
Zunächst einmal ein Blick ins zurzeit geltende Schulgesetz, soweit es das Thema Schularten betrifft, also die Frage nach Gemeinschafts- oder Bekenntnisschule.
§ 26 SchulG – Schularten
aus dem derzeit geltenden Schulgesetz Nordrhein-Westfalens
(1) Grundschulen sind Gemeinschaftsschulen, Bekenntnisschulen oder Weltanschauungsschulen. Hauptschulen sind in der Regel Gemeinschaftsschulen.
(2) In Gemeinschaftsschulen werden die Schülerinnen und Schüler auf der Grundlage christlicher Bildungs- und Kulturwerte in Offenheit für die christlichen Bekenntnisse und für andere religiöse und weltanschauliche Überzeugungen gemeinsam unterrichtet und erzogen.
(3) In Bekenntnisschulen werden Kinder des katholischen oder des evangelischen Glaubens oder einer anderen Religionsgemeinschaft nach den Grundsätzen des betreffenden Bekenntnisses unterrichtet und erzogen. Zum evangelischen Bekenntnis im Sinne dieser Vorschrift gehören auch die bekenntnisverwandten Gemeinschaften.
(4) In Weltanschauungsschulen werden die Schülerinnen und Schüler nach den Grundsätzen ihrer Weltanschauung unterrichtet und erzogen. An Weltanschauungsschulen wird Religionsunterricht nicht erteilt.
(5) In Gemeinden mit verschiedenen Schularten können die Eltern die Schulart zu Beginn jedes Schuljahres wählen. Der Wechsel in eine Schule einer anderen Schulart ist während des Schuljahres nur aus wichtigem Grund zulässig. Schülerinnen und Schüler einer Minderheit können die Schule einer benachbarten Gemeinde besuchen, falls in ihrer Gemeinde die gewünschte Schulart nicht besteht.
(6) In Schulen aller Schularten soll bei der Lehrereinstellung auf die Konfession der Schülerinnen und Schüler Rücksicht genommen werden. An Bekenntnisschulen müssen
1. die Schulleiterin oder der Schulleiter und
2. die übrigen Lehrerinnen und Lehrer dem betreffenden Bekenntnis angehören.
Sie müssen bereit sein, im Sinne von Absatz 3 Satz 1 an diesen Schulen zu unterrichten und zu erziehen. Zur Sicherung des Unterrichts sind Ausnahmen von Satz 2 Nummer 2 zulässig.
(7) An einer Bekenntnisschule mit mehr als zwölf Schülerinnen und Schülern einer konfessionellen Minderheit ist eine Lehrerin oder ein Lehrer des Bekenntnisses der Minderheit einzustellen, die oder der Religionsunterricht erteilt und in anderen Fächern unterrichtet. Weitere Lehrerinnen und Lehrer des Bekenntnisses der Minderheit sind unter Berücksichtigung der Zahl der Schülerinnen und Schüler der Minderheit und der Gesamtschülerzahl der Schule einzustellen.
Mit der Bildung des Grundschulverbundes Pankratiusschule, bestehend aus den beiden Teilstandorten Auf dem Hochmoor und Pankratiusschule, betrieben die Eltern an beiden Standorten die Umwandlung in eine Gemeinschaftsgrundschule. Das Verfahren lief ohne Probleme so ab, wie das Landesrecht es vorsah. Zu irgendwelchen nennenswerten Auseinandersetzungen kam es nicht mehr. Das Ergebnis war eindeutig:
Von 283 Erziehungsberechtigten haben sich 172 für eine Umwandlung ausgesprochen. 23 Stimmen wurden gegen die Umwandlung abgegeben. 3 Stimmen waren ungültig.
Beschlussvorlage der Sitzung des „Schulausschusses“ des Rates der Stadt Gescher vom 04.02.2014
Bei diesen Voten hat der Schulträger keinen Entscheidungsspielraum.
2019: Umwandlung der Von-Galen-Schule in eine Gemeinschaftsschule
Und nun hat das Verfahren in der Von-Galen-Schule ebenfalls stattgefunden. Ein Aufreger war das Thema auch hier nicht.
Das Abstimmungsverfahren zur Umwandlung der Von-Galen-Schule von einer katholischen Bekenntnisschule in eine Gemeinschaftsgrundschule hat in der Zeit vom 28.11.2018 bis zum 30.11.2018 stattgefunden. Von 353 Erziehungsberechtigten haben sich mehr als die Hälfte, nämlich 236 Erziehungsberechtigte, für eine Umwandlung ausgesprochen. Damit ist die Umwandlung durchzuführen (§ 10 Abs. 1 BestVerfVO).
Beschlussvorlage der Sitzung des Rates der Stadt Gescher am 15.05.2019
Motive, Gründe, Ursachen
Wenn man über die Gründe der Umwandlung nachdenkt, kann man verschiedene Hypothesen aufstellen:
- Die Bedeutung der Konfession ist in der Gesellschaft insgesamt, auch im westlichen Münsterland, geschrumpft. Die Konfessionalität einer Schule, die rechtlich grundsätzlich definiert ist als Schule, in der Lehrer einer Konfession Schüler der gleichen Konfession unterrichten, ist den meisten Eltern nicht mehr wichtig.
- In Gescher – wie in vielen anderen Kommunen auch – sind Zusammenleben und Zusammenarbeit von katholischen und evangelischen Christen problemlos. Es gibt etliche gemeinsame Projekte, die vor allem von den Laien getragen und initiiert werden. Die Zeiten, in denen es in den Familien als Unglück betrachtet wurde, wenn ein katholischer Sohn eine evangelische Braut hatte oder das katholische Mädchen einen evangelischen Mann heiraten wollte, sind Geschichte.
- Die Schulaufsicht hat in ihrer Personalplanung großzügig von der Regelung Gebrauch gemacht, „zur Sicherung des Unterrichts“ auch Lehrkräfte anderer Konfession an einer Konfessionsschule einzusetzen. Das heißt: Auf der Seite der Lehrkräfte gibt es kaum ein konfessionelles Profil. Mit zunehmender Migration aus islamisch geprägten Länden werden muslimische Schüler von der Schulaufsicht auch dann Konfessionsschulen zugewiesen, wenn eine Gemeinschaftsschule vorhanden ist. Ein Beispiel aus den letzten Jahren ist die zuletzt einzige katholische Grundschule in Gescher, der die muslimischen Kinder zugewiesen wurden, während die schon in eine Gemeinschaftsschule umgewandelte Pankratiusschule sie nur im Ausnahmefall aufnehmen durfte. So war das konfessionelle Profil auch auf Schülerseite nicht mehr prägnant.
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