Eine Veröffentlichung zur Theorie katholischer Schulen in freier Trägerschaft

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Kurzrezension eines Buches von Gerhard Fuest

Gerhard Fuest: Freie Katholische Schule. Studien zu ihrer postkonziliaren Theorie und ihrer pädagogischen Praxis. Erschienen im Peter Lang Verlag, Frankfurt am Main 2010, Studien zur Pädagogik der Schule, Bd. 31 (Hrsg. Rudolf Biermann, Stephanie Hellekamps und Wilhelm Witten­bruch). 220 S. 46,95 €

Gerhard Fuest hat viele Jahre seines beruflichen Lebens der „freien katholischen Schule“ als Berater und Begleiter in der Schulabteilung des Bistums Münster gewidmet. Daher ist es nicht verwunderlich, dass er das Thema „Theorie und Praxis“ als notwendig zu bearbeitendes aufgreift, und zwar in dem Bereich, den er über lange Zeit auch von innen beobachten und erleben konnte. In seiner klar strukturierten Gliederung analysiert er gründlich die kirchenamtlichen konziliaren und postkonziliaren Texte, indem er zu drei verschiedenen Methoden greift: Rhetorik, Aussagenlogik und Rezeptionsästhetik sind seine Zugänge zu der Konzilserklärung „Gravissimum Educationis“, dem nachkonziliaren „Progetto Educativo“, den Äußerungen der Würzburger Synode in Deutschland und den einschlägigen Veröffentlichungen von Theologen, Bischöfen und Schulpädagogen. Für den Leser erleichtert Fuest den Zugang, indem er die ausgewählten Methoden umfassend darstellt und für die Zielsetzung der Arbeitet bewertet.

Die kirchenamtlichen Texte werden in etlichen Punkten als defizitär beschrieben. Das Verhältnis von Theorie und Praxis ist ebenfalls nach wie vor ungeklärt, wie Fuest sowohl an der Konzilserklärung wie auch im erziehungswissenschaftlichen Diskurs feststellt: „Es fehlen (plurale) Leitvorstellungen ebenso wie eine leitende Idee oder ein großes theoretisches Integral, unter der pädagogische Handlungsforschung effektiver, weil holistischer betrieben werden könnte.“ (S. 107) Für die Katholische Schule entwickelt der Verfasser anhand des „Progetto Educativo“, ein in der Folge des Konzils von der Kongregation für das katholische Bildungswesen veröffentlichtes Konzept und in mehreren Abschnitten entwickelt, einen – wie er es nennt – „Konstruktionsversuch“ eines integralen Schulkonzeptes für Katholische Schulen. Die Eckpunkte – auch für ein mögliches Leitbild – sind:

  • Menschenbild (Mensch als Imago Dei),
  • Erziehungsgemeinschaft (Schulgemeinschaft, Partizipation),
  • Synthese von Glaube und Kultur (Curriculum, Fächer, Methoden, Unterricht) und
  • Synthese von Glauben und Leben (Schulleben).

Diese vier Felder werden von Fuest – noch recht abstrakt – entfaltet. Mit Hinweisen auf konkrete Weiterarbeit legt er die Basis für eine Leitbildarbeit der katholischen Schulen. Wiederholt weist er darauf hin, dass ein noch zu behebendes Defizit in der Entwicklung spezifischer Lehrpläne für Katholische Schulen besteht, die sich seiner Meinung nach zu oft ausschließlich oder ganz überwiegend an den staatlichen Lehrplänen orientieren. Den Schulträgern empfiehlt er, mehr pädagogische Gestaltungsautonomie zu wagen. Außen- und Innenevaluation hält er für eine ebenso wichtige Aufgabe des Trägers wie die Festschreibung des Schulprogramms.

Gerhard Fuest dokumentiert seinen umfassenden Kenntnisstand nicht zuletzt in vielen zusätzlichen Hinweisen, die er oftmals in Parenthesen quasi nebenher unterbringt. Diese komplexe Sprache verlangt dem Leser manchmal Mühe ab, eine Mühe, die sich gleichwohl lohnt. Ärgerlich ist allerdings manche Nachlässigkeit im Satz, die dem Verlag vorzuhalten ist.

Alles in allem ein Buch, das nicht nur Vertreter der freien katholischen Schule mit Gewinn lesen.